Landesliga Hammonia: Rasensport Uetersen zieht sich vom Spielbetrieb zurück

Zwar bildeten die Rasensport-Kicker auch vor der am 18. November mit 0:9 verlorenen Partie beim SC Poppenbüttel den obligatorischen Team-Kreis. Eine echte Mannschaft waren die Akteure aber nie.
(Foto-Credit: Johannes Speckner)

Der am 13. November 2022 von Konrad Janta vom FC Alsterbrüder nach mehreren verbalen Scharmützeln mit Gegenspielern von Rasensport Uetersen formulierte Wunsch („Ihr seid mit Abstand Letzter – meldet euch doch endlich ab und nervt die anderen Mannschaften nicht mehr.“) hat sich knappe zwei Monate später erfüllt. Am Donnerstagabend verkündete der Vorstand des Vereins aus der Rosenstadt das, was bereits am Dienstagabend auf einer internen Krisensitzung beschlossen worden war: Den Rückzug der einzigen verbliebenen Herren-Mannschaft des Klubs aus der Landesliga Hammonia.

Zuvor hatte es am Dienstag eine Zusammenkunft gegeben. Bezeichnend war, dass an dieser lediglich sieben (!) Spieler der bisherigen Liga-Mannschaft teilnahmen. Es gab Diskussionen darüber, ob die Alten Herren noch stärker als im bisherigen Maße – schon im Herbst hatten regelmäßig Ü32-Kicker bei den Herren ausgeholfen – und zukünftig auch Talennte des A-Jugend-Bezirksliga-Teams, von denen einige diesem Jahr ihren 18. Geburtstag feiern und somit schon im Erwachsenenbereich spielberechtigt wären, aushelfen. Vom Klassenerhalt träumte längst keiner mehr in der Rosenstadt – aber das Ziel lautete, mindestens zu zwölf der 13 noch offenen Saisonspiele anzutreten, um (nach dem Nichtantritt am 23. Oktober 2022 zur Partie bei Nikola Tesla) im Sommer sportlich in die Bezirksliga absteigen zu können. Denn ein Rückzug bedeutet bekanntlich, dass der Neustart in der untersten Liga, der B-Kreisklasse, erfolgen muss.

Andree Otto, seit der Anfang November 2022 erfolgten Trennung von Jens Schmanke der alleinige Coach, und Frederik Etling, der erst Mitte November 2022 zum Liga-Manager befördert worden war, sollen sich aber im Laufe der Sitzung angesichts des knappen Kaders gegen eine weitere Teilnahme am Spielbetrieb ausgesprochen haben. Etling wollte dies auf Nachfrage von SportNord „nicht kommentieren“. Auch der Rasensport-Vorsitzende Carsten Vater und Peter Ehlers, lange Jahre Liga-Trainer und nun Beisitzer des Klubs, waren am Mittwoch für keine Stellungnahme erreichbar. Am Donnerstagabend verschickte Vater im Namen des Vorstands schließlich folgende offizielle Mitteilung:

„Nachdem wir im vergangenen Sommer in einem furiosen Kampf, den Klassenerhalt in der Landesliga geschafft haben, hat sich in unserer Fußballabteilung einiges getan. Anfang der Saison 2022/23 mussten wir ein komplett neues Team zusammenstellen. Wir waren uns der Situation bewusst, dass diese Saison nicht einfach werden würde. Es war eine schwierige Landesliga-Hinserie mit einigen Rückschlägen und einem personellen Aderlass.

Leider sind alle Versuche, die innerhalb der Winterpause unternommen wurden, Spieler für unser Herren-Team zu gewinnen, fehlgeschlagen. Die Anzahl der verbliebenen Spieler ist nicht ausreichend, um die Rückrunde zu Ende spielen zu können. Dass wir unsere 1. Herren-Mannschaft aus dem Spielbetrieb zurückziehen müssen, trifft uns selbst am härtesten und war wahrlich der äußerste Schritt, den wir nie gehen wollten.

Wir als Vorstand bedauern die Entwicklung sehr. Wir bedanken uns bei den Offiziellen, Spielern, Fans und Sponsoren, die bis zum Schluss dran geglaubt haben. Auch unserer Ü32 gebührt ein herzlicher Dank, ohne deren Unterstützung hätten wir bereits die Hinserie nicht überstehen können.“

 

Klar ist: Nach dem großen Knall beim TSV Uetersen im März 2016, dessen Vorstand nach dem angekündigten Abschied zahlreicher Verantwortlicher und Spieler zum damals neu gegründeten Verein Rasensport die Entlassung von Peter Ehlers vorgenommen hatte und dann angesichts der Weigerung nahezu aller Akteure, weiter für den TSV zu kicken, seine drei Herren-Teams aus der Landesliga, Bezirksliga und Kreisliga zurückziehen musste, ist dies ein neuer und ähnlich heftiger Rückschlag für den Fußball in der Rosenstadt. Dort sind, weil der TSV kein Herren-Team mehr hat, nun plötzlich die Sportfreunde Uetersen, die als Spitzenreiter der A-Kreisklasse 1 auf den Durchmarsch in die Kreisliga hoffen, die fußballerische Nummer eins.

Im Laufe der gut siebenjährigen Geschichte von Rasensport Uetersen hatte es schon in der Vergangenheit Rückschläge gegeben. 2019 verließen neben dem Trainerduo Christian Sommer und Lennard Witt auch zahlreiche Spieler der zweiten Herren den Verein, der Großteil ging zum Nachbarn FC Union Tornesch II. Daraufhin wurde Michael Schippmann mit seinem Team von der Dritt- zur Zweitvertretung, ehe er im sich September 2020 ebenfalls verabschiedete, was ernet den Verlust mehrerer Akteure zur Folge hatte. Den totalen Koilaps erlitt der Verein dann im Frühjar 2022, als mit starken Leistungen in der Rückrunde zwar sportlich souverän der Klassenerhalt gelang, aber mit Ausnahme von Tomasz Koziol und Kirill Shmakov alle Spieler der Liga-Mannschaft, die so in großen Teilen seit 2016 zusammenspielte, ihren Spind räumten.

Als Matthias Jobmann zur Saison 2020/2021 als neuer Liga-Trainer und Nachfolger von Peter Ehlers installiert wurde, geschah dies wohl auch in der Hoffnung, dass er von seiner vorherigen Station, der U23 des Niendorfer TSV, einige junge Kicker mitbringen würde. Die Realität sah anders aus. Zwar kamen einige Talente, die einst dem A-Jugend-Regionalliga-Team von Union Tornesch angehörten. Doch im Sommer 2022 kehrten sie ins Torneum zurück, als ihr langjähriger A-Jugend-Coach Martin Schwabe dort Trainer der Union-Reserve wurde. Der Anfang März 2022 erfolgte Schachzug des Rasensport-Vorstands, Andre Kordts als neuen Übungsleiter zu holen, schien klug, da er lange Jahre Jugendtrainer beim Wedeler TSV gewesen war und dementsprechend viele Talente aus der Region kannte. Doch dann zog Kordts bekanntermaßen seine Zusage zurück und übernahm stattdessen den Bezirksliga-Absteiger FC Roland Wedel.

Otto, der ursprünglich Co-Trainer von Kordts werden sollte, und Jens Schmanke, der zuvor kurzzeitig beim SC Pinneberg tätig gewesen war, versuchten im Sommer 2022 als neues Trainerduo, im Rosenstadion zu retten, was aber nicht mehr zu retten war. Die Idee, nur den Kreisliga-Platz der vormaligen Reserve in Anspruch zu nehmen und den Landesliga-Platz verfallen zu lassen (was TBS Pinneberg als Bezirksliga-Vizemeister mit dem zweitbesten Punkte-Quotienten den nachträglichen Aufstieg beschert hätte), wurde letztlich verworfen. Mut machten ein mit 6:3 gewonnenes Testspiel bei Kreisligist Holsatia im Elmshorner MTV, auch einige Landesliga-Auftritte waren passabel. Doch mit mit den Temperaturen und gefühlt jeder Niederlage – vier davon fielen zweistellig aus – sank auch die Trainingsbeteiligung immer weiter. Insofern ist der nun erfolgte Rückzug nicht komplett überraschend, aber deshalb nicht minder schmerzhaft.

Der HFV-Spielausschuss wird nun zeitnah alle bisher absolvierten 17 Landesliga-Saisonspiele von Rasensport Uetersen aus der Wertung nehmen. Ab sofort kämpfen in der Hammonia-Staffel nur noch 15 Teams um Punkte und Tore. Am Saisonende gibt es lediglich zwei sportliche Absteiger in die Bezirksliga. Freuen über den Rückzug der Rasensportler können sich die Aufstiegsanwärter in den Spielklassen, die unterhalb der Bezirksliga liegen: Aus der Kreisliga, der A-Kreisklasse und der B-Kreisklasse steigt nun jeweils ein Team mehr auf. Davon könnte kurioserweise auch Schmanke, inzwischen Coach beim Tangstedter SV (aktuell Rang-Vierter der A-Kreisklasse 1), profitieren. Ob sich auch Konrad Janta und seine Alsterbrüder über den Rasensport-Rückzug wirklich freuen, ist übrigens fraglich, denn sie haben nun ausgerechnet am letzten Spieltag spielfrei.

(Johannes Speckner)

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