
Als am Sonntag um 17.15 Uhr in Wedel das Telefon klingelte, wurde Trainer Arne Frank, der mit einer Grippe das Bett hüten musste, nichts Positives berichtet. Nicht nur, dass sein Moorreger SV im prestigeträchtigen Derby der Kreisliga 8 gegen den Heidgrabener SV eine 0:3-Heimpleite kassiert hatte ‒ nein, MSV-Liga-Obmann Mathias Jürs, der Frank an der Seitenlinie vertrat, musste dem Coach, dem ein faires Auftreten seiner Mannschaft besonders wichtig ist, auch noch über zwei Rote Karten in Kenntnis setzen.
Vom fußballerischen Niveau und dem Spannungsfaktor her war die Partie nicht einmal ansatzweise zu vergleichen mit dem Hinspiel, das die Heidgrabener am 20. September 2015 nach mehreren dramatischen Wendungen mit dem verrückten Ergebnis von 7:6 gewonnen hatten (SportNord berichtete, siehe unten stehenden Link). „Dieses Mal war es war kein so gutes Spiel ‒ das war auf diesem schlecht bespielbaren Platz aber auch nicht möglich“, sagte HSV-Coach Ove Hinrichsen. Und Jürs stellte nüchtern fest: „So schlecht, wie der Platz war, so schlecht war auch das Spiel!“ So bekamen die Zuschauer am Himmelsbarg von beiden Teams zunächst vor allem „langen Hafer“, sprich lange und höhe Pässe, zu sehen. Nach einer halben Stunde schnupperten die Gäste erstmals am Führungstor, als Philippe Schümann nach einem Pass von Lukas Lübberstedt rechts an MSV-Keeper Jan-Niklas Bohl vorbeizog, dann aber nur den rechten Pfosten des verwaisten Gehäuses traf. Fünf Minuten später machten es die Heidgrabener besser: Tim Siebels passte von halbrechts aus in die Schnittstelle der Moorreger Abwehr und Schümann erzielte von halblinks aus mit Hilfe des Innenpfostens das 0:1.
„Wir haben gut agiert und sehr, sehr wenig zugelassen“, lobte Hinrichsen seine Schützlinge, während Jürs monierte: „Wir waren nicht präsent genug und sind aus dem Spiel heraus zu keiner einzige gefährlichen Aktion gekommen!“ Der Heidgrabener Torwart Krystof Barth wurde deshalb als Keeper kaum einmal ernsthaft geprüft, erhielt aber ein Sonderlob von seinem Trainer, weil er als „Libero“ zahlreiche lange Bälle der Moorreger „stark vor seinem eigenen Strafraum klärte“, wie Hinrichsen berichtete. Unzufrieden war der Heidgrabener Übungsleiter lediglich mit der Phase zwischen der 55. und 70. Minute: „Da haben wir die Zügel etwas zu sehr schleifen lassen!“ In die Karten spielte es den Gästen, dass MSV-Akteur Jonas Kaiser in der 65. Minute die Rote Karte sah, nachdem er, schräg seitlich von hinten kommend, Lübberstedt umgegrätscht hatte. „Der Platzverweis war vertretbar“, gab Jürs zu ‒ trotzdem haderte der Moorreger Liga-Obmann mit Schiedsrichter Ivan Feric (vom Wandsbeker TSV Concordia): „Er hat mehrere merkwürdige Entscheidungen gegen uns getroffen!“
In der 73. Minute konnten die Gäste ihre Führung in Überzahl ausbauen, und erneut war Tim Siebels der Vorbereiter: Aus dem linken Halbfeld spielte er einen Ball so über die Moorreger Viererabwehrkette, dass ihn auch MSV-Libero Tobias Hasenbruch nicht mehr erreichen und Schümann frei zum 0:2 ins kurze Eck einschieben konnte. Und vor den Augen seiner Mutter Susanne Siebels, die unter den Zuschauern weilte, bereitete Tim Siebels auch noch das dritte Tor des Tages vor: Seine Flanke köpfte Alexander Martin zum 0:3-Endstand ins lange Eck (76.). In der 85. Minute sah dann noch ein zweiter Moorreger „Rot“ ‒ das Besondere dabei war, dass es mit Lars Alexander Rose einen Spieler „erwischte“, den Jürs zuvor bereits ausgewechselt hatte. „Er hat auf unserer Bank etwas zu einer Freistoß-Entscheidung gegen uns gesagt. Und obwohl der Schiedsrichter auf der Mitte des Spielfeldes stand, ist er dann zu unserer Bank gelaufen und hat ,Rot' gezückt“, berichtete Jürs. Während die „Rot-Sucht“ von Jonas Kaiser und Rose die Moorreger Personalnot für die kommenden Partien vergrößerte, verteidigten die Heidgrabener ihre Tabellenführung.