
In den letzten Tagen wurde im Internet viel Negatives über den Störtebeker SV geschrieben, nachdem die „Piraten“ aus ihren ersten vier Partien in der Bezirksliga Süd nur einen Punkt holten und am Sonnabend zu ihrem fünften Saisonspiel beim Harburger TB nicht antraten. So wurde in einem Forum bei „facebook“ die Behauptung aufgestellt, Christian Chodura sei als SSV-Trainer „suspendiert“ worden und der Verein werde sich „mit sofortiger Wirkung vom Spielbetrieb zurückziehen“.
SportNord konfrontierte nun Manfred Jürgensen, den Ersten Vorsitzenden des Störtebeker SV, mit diesen Behauptungen ...
SportNord: In einigen Internet-Foren sind die wildesten Gerüchte über den Störtebeker SV verbreitet worden. Entspricht davon etwas der Wahrheit?
Manfred Jürgensen: „Ich weiß gar nicht, was dort alles verbreitet worden ist, weil ich mir diese Internet-Seiten gar nicht mehr anschaue geschweige denn die Berichte durchlese. Wir als Verein haben es auch aufgegeben, gegen diese Verunglimpfungen und Negativ-Berichterstattungen anzukämpfen. Es ist einfach nur traurig, dass es Menschen gibt, die meinen, sie müssten sich profilieren, indem sie uns schlecht machen ...“
SportNord: Dann konfrontieren wir Sie jetzt nacheinander mit den erhobenen Behauptungen: Es hieß zum Beispiel, dass der Störtebeker SV seine Mannschaft vom Spielbetrieb zurückziehen würde ...
Jürgensen: „... und das ist definitiv nicht der Fall! Vermutlich sind einige angebliche Fachleute zu diesem Schluss gekommen, weil wir am Sonnabend zu unserem Spiel beim HTB nicht angetreten sind. Fakt ist: Ja, wir hatten und haben Personalprobleme, weshalb wir auch in den vorherigen Partien keinen allzu üppig besetzten Kader hatten und unser Trainer Christian Chodura sich oftmals auch selbst mit aufstellen oder zumindest einwechseln musste. Die Personalknappheit lag aber auch daran, dass einige Spieler noch im Urlaub und andere Akteure verletzt waren. Außerdem ist es uns gelungen, einige Spieler, die in der vergangenen Saison noch für unsere Zweiten Herren aktiv und dann im Sommer zunächst zu einem anderen Klub gewechselt waren, wieder zum Störtebeker SV zurückzuholen. Deshalb werden wir am kommenden Sonntag, 6. September gegen den FC Süderelbe II antreten und blicken zuversichtlich in die Zukunft!“
SportNord: Aber es gab kurz vor dem Ende der Sommer-Transferperiode auch noch einen Abgang: Daniel Buchholz ist zum Nord-Bezirksligisten UH-Adler gewechselt!
Jürgensen: „Das ist richtig, aber Reisende soll man nicht aufhalten. Daniel Buchholz hat uns gegenüber seinen Wechsel sinngemäß mit folgendem Satz begründet: ,Beim Störtebeker SV musste ich Bälle aufpumpen, bei UH-Adler bekomme ich eine monatliche Aufwandsentschädigung ...' Dazu sage ich: Ja, Daniel Buchholz musste bei uns vielleicht auch einmal einen Ball aufpumpen ‒ aber er war immerhin auch spielender Co-Trainer unserer Ersten Herren-Mannschaft, so dass das Aufpumpen eines Balles eine, wie ich finde, zumutbare Aufgabe ist. Und bei uns hat es weder für Daniel Buchholz noch für einen anderen Spieler Geld gegeben. Das ist eine grundsätzliche Entscheidung, die der Vorstand des Störtebeker SV zusammen mit Liga-Obmann Michele Occhipinto getroffen hat: Egal, in welcher Liga wir spielen, zahlen wir keinem Spieler ein Gehalt oder eine Aufwandsentschädigung. Als wir uns nach unserem Aufstieg in die Bezirksliga nach neuen Spielern umgeschaut haben, haben viele potentielle Neuzugänge gleich die Hand aufgehalten ‒ da haben wir dann sofort dankend abgelehnt. Daniel Buchholz hat bei UH-Adler jetzt einen Amateurvertrag unterschrieben, damit er, obwohl er für uns in dieser Saison schon Pflichtspiele bestritten hat, sofort spielberechtigt ist. Das heißt, dass der Verein ihm eigentlich 250 Euro zahlen muss ‒ pro Monat wohlgemerkt. Die Sozialversicherungsabgaben, die für vertraglich gebundene Spieler fällig sind, sind darin noch nicht enthalten ... Ich frage mich, wie ein Bezirksliga-Verein sich so etwas leisten kann ‒ aber das ist zum Glück nicht mein Problem!“
SportNord: Es wurde bei „facebook“ allerdings auch die Behauptung aufgestellt, Chodura selbst hätte einigen Spieler für ihr Engagement beim Störtebeker SV Geld bezahlt ...
Jürgensen: „Das ist schon wieder so ein Unsinn! Fakt ist, dass Chodura einigen Spielern dabei behilflich gewesen ist, eine Anstellung und/oder eine Wohnung zu finden ‒ aber daran ist, wie ich finde, nichts verwerfliches zu finden. Zudem engagiert sich der Störtebeker SV sehr in der Flüchtlingshilfe ‒ das interessiert aber leider die meisten Medien überhaupt nicht, weil sie, wenn sie darüber berichten würden, ja etwas Positives über unseren Verein schreiben müssten. Es ist folgendermaßen: Für uns spielen schon seit einiger Zeit zwei Spieler, die ursprünglich aus dem Benin kommen. Deren Kontakte haben dazu geführt, dass inzwischen auch drei Flüchtlinge aus dem Benin, die in Magdeburg leben, für uns aktiv sind. Weil diese drei Menschen aber in Magdeburg gemeldet sind und sich dort deshalb auch regelmäßig aufhalten müssen, haben wir nun die Regelung getroffen, dass sie von Donnerstag bis Sonntag nach Hamburg kommen: Am Donnerstagabend trainieren sie bei uns mit, am Wochenende spielen sie für uns und dann fahren sie zurück nach Sachsen-Anhalt. Und während diese Spieler in Hamburg sind, wohnen sie nicht nur bei Chodura, sondern er kocht natürlich auch etwas für sie. Deshalb jetzt die These aufzustellen, dass wir uns ,afrikanische Spieler gekauft hätten' ‒ auch diese Behauptung musste ich schon im Internet lesen ‒, wäre erstunken und erlogen. Wir geben weder diesen besagten Flüchtlingen noch anderen Spielern Geld!“
SportNord: Sie haben jetzt schon so viel von Chodura erzählt ‒ aber ist er überhaupt noch Trainer beim Störtebeker SV? Bei „facebook“ hieß es nämlich, Chodura sei „suspendiert“ worden ...
Jürgensen: „Auch diese Behauptung ist völliger Quatsch! Der Vorstand, Occhipinto und Chodura arbeiten sehr eng und vertrauensvoll zusammen und wir sind sehr froh, einen Trainer zu haben, der sich in diesem hohen ‒ und keinesfalls selbstverständlichen Maße ‒ für seinen Verein engagiert. Auch Chodura ist die soziale Komponente sehr wichtig: Er möchte genauso wie wir Flüchtlinge integrieren. Deshalb hat sich Chodura nicht nur sehr um die Spielberechtigungen der ausländischen Spieler bemüht ‒ das ist leider sehr umständlich und für einen Akteur fehlt uns die nötige internationale Freigabe noch immer ‒, sondern er hat teilweise sogar auch die monatlichen Beitragszahlungen dieser Spieler an den Verein übernommen. Denn für die Flüchtlinge ist es ja leider aufgrund der derzeitigen Gesetzeslage sehr schwierig, in Deutschland einem Beruf nachzugehen und Geld zu verdienen. Und ich denke, auch ein solches Engagement eines Übungsleiters ist keinesfalls selbstverständlich.“
SportNord: Was sagen Sie als Erster Vorsitzender zum schlechten Saisonstart des Teams?
Jürgensen: „In der vergangenen Saison sind auf dem Weg zur Meisterschaft in der Kreisliga 4 die Mehrzahl der Spiele gewonnen worden. Uns war klar, dass das in der Bezirksliga so nicht weitergehen würde ... Aber für einen Großteil der Spieler, die schon zum Titelgewinn beigetragen haben, waren diese Niederlagen ‒ und gerade die deutlichen Pleiten ‒ natürlich sehr schmerzhafte und unschöne Erfahrungen. Ich will nicht verhehlen, dass vielleicht auch aufgrund dieser unschönen Ergebnisse bei dem einen oder anderen Spieler der Wunsch nach einem Vereinswechsel gereift oder die Lust am Fußball für diesen Moment verloren gegangen ist. Aber wir als Vereinsführung sehen das ganz entspannt: Die Bezirksliga ist ein anderes Kaliber als die Kreisliga und es ist für unseren Verein die allererste Spielzeit überhaupt in dieser Klasse. Beim 0:0 beim FC Kurdistan Welat waren wir ebenso konkurrenzfähig wie bei der knappen 2:3-Niederlage bei SVS Mesopotamien. Beim 0:7 gegen den SC Sternschanze mussten wir neidlos anerkennen, dass wir gegen einen sehr, sehr guten Gegner verloren haben. Schmerzhaft war allerdings die jüngste 0:8-Heimpleite gegen den TSV Neuland ‒ das war wirklich ein ganz schlechter Auftritt von unserer Mannschaft. Aber wie bereits gesagt: Wir blicken zuversichtlich in die Zukunft!“
SportNord: Was ist Ihr größter Wunsch, den Sie, auf den Störtebeker SV bezogen, für die Zukunft haben?
Jürgensen: „Wir wünschen uns, dass wir endlich einen ,eigenen' Sportplatz, an dem wir dann auch endlich ein ,Clubhaus' haben können, bekommen ‒ am liebsten natürlich in der Hafen-City, denn wir sind ein Verein aus der Hafen-City sowie der Alt- und der Neustadt. Seit inzwischen sieben Jahren ist uns eine eigene ,Heimat' fest versprochen worden, aber wir spielen noch immer an der Snitgerreihe, was wirklich eine frustrierende Situation ist. Aber wir sind weiter in Gesprächen mit den zuständigen Ämtern und Behörden sowie mit der Politik und bleiben auch hier optimistisch ...“