Kreisliga 4: Ein Abbruch, zwei genannte Gründe


Am Sonnabend wurde in der Kreisliga 4 die Partie des neunten Spieltages zwischen dem diesjährigen Neuling FC Bergedorf 85 II (13. Platz, sechs Punkte) und der FTSV Lorbeer Rothenburgsort (achter Rang, 13 Zähler) beim Stand von 1:2 zur Pause von Schiedsrichter Alex Kauter (vom SV Bergstedt) abgebrochen. Kurz vor der Pause hatte ein Bergedorfer Spieler die Rote Karte gesehen.

SportNord sprach anschließend mit beiden Trainern – die jeweils einen anderen Grund für den Abbruch nannten ...

... Sefa Sözen, Coach der 85-Reserve, erklärte:

„Kurz vor der Halbzeit hat sich einer unserer Spieler leider einen tätlichen Angriff gegen einen Rothenburgsorter geleistet. Der Schiedsrichter-Assistent, der dies gesehen hatte, hat daraufhin die Fahne gehoben und es gab die Rote Karte für unseren Spieler. Leider haben die Rothenburgsorter sehr hitzige Zuschauer mitgebracht, die ihr Mundwerk nicht im Griff hatten. Es ging so weit, dass einige von ihnen immer wieder laut rassistische und beleidigende Wörter auf den Platz gerufen. Daraufhin hat der Schiedsrichter das Spiel abgebrochen beziehungsweise zur zweiten Halbzeit nicht mehr angepfiffen. Ich bin in seine Kabine gegangen und habe noch einmal nach dem Grund für den Abbruch gefragt, woraufhin er entgegnete, dass er ‚keine rassistischen Äußerungen auf dem Sportplatz dulden würde‘.

Der Schiedsrichter hat wohl die Gefahr gesehen, dass sich durch die rassistischen Rufe vom Spielfeldrand aus die Stimmung auf dem Platz immer weiter aufheizen könnte. Ich habe ihm gesagt, dass die Zuschauer bestimmt wieder herunter kommen würden, ebenso wie meine Spieler – aber leider konnte man mit diesem Schiedsrichter nicht reden. Es war ohnehin ein sehr merkwürdiges Gespann, das keinerlei Autorität ausgestrahlt hat. Da in dem Spiel selbst überhaupt nichts Schlimmes zwischen den beiden Mannschaften passiert ist und es vor dem besagten Platzverweis nur zwei oder drei Gelbe Karten gab, war aus meiner Sicht alles im grünen Bereich. Der Schiedsrichter hat überreagiert – mit etwas mehr Menschenkenntnis und Fingerspitzengefühl hätte er die Partie einfach ganz normal fortgesetzt.

Wenn der Schiedsrichter in seiner Funktion angegriffen worden wäre oder ihn jemand bedroht oder gar körperlich attackiert hätte, hätte ich die Entscheidung, das Spiel abzubrechen, verstanden, Aber weder von uns noch von einem Rothenburgsorter ist der Referee irgendwie angegangen worden. Nur weil einige Suppenkasper unter den Gäste-Fans unsere Spieler als ‚Kanaken‘ und ‚Scheiß Türken‘ beleidigt haben, das Spiel abzubrechen, ist aus meiner Sicht nicht richtig. Wenn das ein Grund für einen Abbruch ist, muss in Hamburg jedes zweite Spiel in den unteren Ligen abgebrochen werden. Ich habe wirklich schon viele schlimmere Dinge erlebt und gehört, die aber trotzdem nicht dazu geführt haben, dass es einen Spielabbruch gab. Fakt ist: Dieser Abbruch war aus unserer Sicht komplett unnötig!

Für beide Mannschaften ist der Abbruch sehr ärgerlich: Jetzt müssen wir nach Jenfeld vor dem Sportgericht des Hamburger Fußball-Verbandes erscheinen, das nervt mich. Und beim HFV hat unser Verein sowieso schon einen Stempel: Einer unserer Spieler wurde für acht Wochen gesperrt, weil er an einer Rangelei beteiligt war – und ein anderer hat, weil er gegen den Schiedsrichter-Assistenten einen Schuss angetäuscht hat, vier Wochen Sperre aufgebrummt bekommen. Deshalb möchte ich noch einmal ausdrücklich betonen, dass dieser Spielabbruch nicht vom FC Bergedorf 85 verschuldet worden ist! Ich bin sehr gespannt, wie das Sportgericht die Geschehnisse bewerten wird ... Wenn es eine faire Verhandlung gibt, kann das Urteil nur lauten, dass das Spiel mit einem neuen Schiedsrichter-Gespann neu angesetzt wird!“


... Lorbeer-Trainer Marcus Melchert sagte:

„Wir haben mit 2:1 geführt, ehe der Schiedsrichter die zweite Halbzeit nicht mehr anpfeifen wollte. Kurz vor der Pause hatte ein Bergedorfer Spieler die Rote Karte gesehen, nachdem er einem unserer Spieler seinen Ellenbogen in die Seite geschlagen hatte. Nachdem der Schiedsrichter für diese Tätlichkeit die Rote Karte gegeben hatte, ist er von mehreren Bergedorfer Spielern bedröngt und verbal attackiert worden. Auch der gegnerische Trainer ist noch auf den Platz und auf den Schiedsrichter zugelaufen. Leider hatte es auch schon vorher während des Spiels immer wieder Bedrohungen gegen den Schiedsrichter gegeben. Ich selbst habe mehrmals Sätze gehört, in denen es ungefähr hieß: ‚Dicker, du wirst nach dem Spiel schon sehen, was du davon hast ...‘ Trotzdem hat der Schiedsrichter die erste Halbzeit regulär beendet.

Nach der Pause kam dann aber einer seiner Assistenten aus der Kabine heraus – wir sind gar nicht in unsere Kabine gegangen – und sagte, dass sie das Spiel nicht wieder anpfeifen würden. Wir haben darüber gar nicht diskutiert, sondern haben das akzeptiert. Fakt ist: Es gab in der ersten Halbzeit einige unschöne Szenen, auch unsere Spieler sind von den Bergedorfern bedroht und beleidigt worden. Wie mir berichtet wurde, soll ein Bergedorfer gegenüber dem Schiedsrichter auch die Drohung ausgesprochen haben: ‚Wir stechen dich ab‘ – ich selbst habe das aber nicht gehört. Wir waren vor dem Spiel schon von anderen Teams vor den Bergedorfern gewarnt worden, weshalb ich meine Spieler aufgefordert hatte, dass sie ruhig bleiben und sich nicht provozieren lassen sollen, was ihnen auch gut gelungen ist“

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