Oberliga: Michael Fischer nach seinem Aus bei Rugenbergen im Interview

Steht nicht länger beim SV Rugenbergen an der Seitenlinie: Michael Fischer.
(Foto-Credit: Johannes Speckner)

Nach der am Montagabend von der Führung des Hamburger Oberligisten SV Rugenbergen verkündeten Trennung von Chefcoach Michael FIscher und Co-Trainer Heiko Klemme äußert sich Fischer (54), der zwei Jahre und drei Monate bei den Bönningstedtern an der Seiitenlinie stand, ausführlich im Interview mit SportNord.

 

SportNord: Wären Sie jetzt noch Trainer beim SVR, wenn das Spiel gegen den FC Süderelbe am Sonntag nicht ausgefallen, sondern gewonnen worden wäre?
Michael Fischer: „Das ist spekulativ. Auch, wenn unsere personelle Situation nicht allzu rosig war und der FC Süderelbe aufgrund der Neuverpflichtungen, die seine Verantwortlichen im Sommer getätigt hatten, eigentlich nichts im Tabellenkeller zu suchen hat, war ich zuversichtlich, dass wir gewinnen. Auch dem darauffolgenden Spiel beim HEBC hätte ich positiv entgegengeblickt. Ob durch zwei Siege in der Liga und dem danach möglichen Einzug in das Lotto-Pokal-Achtelfinale vielleicht ein Ruck durch die Mannschaft gegangen und das, was gestört hat, unwichtig geworden wäre, weiß ich nicht. Aber es ist auch müßig, darüber zu spekulieren: Der Vorstand hat sich leider gegen uns entschieden, das müssen wir sportlich nehmen und respektieren.“

SportNord: Wie haben Sie von Ihrem Aus erfahren?
Fischer: „Wir als Trainerteam hatten bereits in der vergangenen Woche ein langes Gespräch mit Andreas Lätsch und Oliver Mertins (Anmerkung der Redaktion: Vorstandsvorsitzender beziehungsweise Sportlicher Leiter des SVR). Am Sonntag haben sie sich dann zwei Stunden mit den Spielern ausgetauscht. Danach habe ich mit Lätsch telefoniert und er hat mir gesagt, dass er die Eindrücke des Gesprächs erst einmal sacken lassen will. Am Montag hat er uns dann mitgeteilt, dass der Vorstand die Entscheidung fällen musste, dass sie sich von uns trennen.“

SportNord: Wie sehr hat Sie dieser Schritt getroffen?
Fischer: „Es ist nun einmal so, dass nicht jeden Tag die Sonne scheint. Das Gespräch, das wir mit Lätsch geführt haben, war sehr lang und sehr angenehm – so angenehm, wie es beim SV Rugenbergen üblich ist. Ich habe einen großen Respekt davor, wie Lätsch, Mertins, Wolfgang Borchert (Anmerkung der Redaktion: Manager Finanzen des SVR) und Rainer von Bastian diesen Verein führen. Der Austausch mit ihnen war immer von gegenseitigem Respekt geprägt. Keiner von ihnen ist nach zwei Niederlagen nervös geworden oder hat Unruhe gestiftet – das habe ich bei einem anderen Klub auch schon ganz anders erlebt.“

SportNord: Was werfen Sie sich selbst vor?
Fischer: „Ich bin definitiv nicht so vermessen, zu sagen, dass ich nichts falsch gemacht habe. Ganz im Gegenteil: Ja, ich habe Fehler gemacht. Als Trainerteam waren wir dafür verantwortlich, wie die Mannschaft im Sommer zusammengestellt worden ist, dass sie während der Vorbereitung fit wird – und das sie dann erfolgreich ist. Dass uns dies nicht gelungen ist, lässt sich leicht an der Tabelle ablesen. Insgesamt konnten wir als Trainerteam einige Dinge nicht so umsetzen, wie wir es gewollt hätten und wie es nötig gewesen wäre. Und Klemme hat sich dafür, dass er für unser erstes Saisonspiel (1:2 beim USC Paloma, hier weilte Fischer im Urlaub; Anmerkung der Redaktion) die falsche Taktik gewählt hatte, schon in der Halbzeitpause jener Partie vor der versammelten Mannschaft entschuldigt.“

SportNord: Gab es im Gegenzug auch Spieler, die vor ihren Mitspielern Abbitte für individuelle Fehler beziehungsweise regelrechtes Versagen auf dem Platz geleistet haben?
Fischer: „Nein, so etwas gab es nicht. Und in der Tat war es leider so, dass wir uns in den ersten zehn Saisonspielen rund 20 Großchancen erspielt haben, bei denen wir frei auf das gegnerische Tor zugelaufen, aber leider zu keinem Torerfolg gekommen sind. Da stehen wir als Trainer dann ebenso fassungs- wie machtlos an der Seitenlinie.“

SportNord: Wer die letzten Begegnungen des SVR verfolgt hat, konnte gewisse Zerwürfnisse zwischen einigen Akteuren und dem Trainerteam erkennen. Nikolaj Rörström etwa äußerte sich abfällig nach seiner Auswechslung im Spiel beim Hamburger SV III, von Yannik Kurowski waren während der Partie gegen den Wandsbeker TSV Concordia ähnliche Sätze zu vernehmen. Was sagen Sie dazu?
Fischer: „Ja, es stimmt leider, dass es persönliche verbale Verfehlungen einzelner Spieler bei einigen Spielen gegeben hat. Diese haben wir auch intern angesprochen und den besagten Spielern geraten, ihr Verhalten als Oberliga-Spieler in der Öffentlichkeit einmal zu überdenken. Uns wurde von Teilen der Mannschaft vorgeworfen, dass einige Übungseinheiten nicht gut gewesen seien – kurioserweise gerade dann, als wir teilweise nur mit etwa der Hälfte der Spieler, die unserem Kader angehören, trainiert haben, was es natürlich schwer bis unmöglich gemacht hat, etwa spezielle taktische Dinge einzustudieren. Deshalb haben wir im Gegenzug die Einstellung und die schlechte Trainingsbeteiligung bemängelt, was uns als Trainerteam auch durchaus zusteht. Unter dem Strich ist es sehr bedauerlich, dass die Dinge sich in diese Richtung entwickelt haben.“

SportNord: Welche Prognose geben Sie für die nächsten Spiele des SVR ab?
Fischer: „Ich wünsche den Verantwortlichen, die etwa mit dem kurz vor seiner Fertigstellung stehenden Bau des Kunstrasenplatzes und einem Panini-Album viel angestoßen haben, dass die Mannschaft schnell in die Spur findet. Klar ist, dass wir als Trainerteam jetzt nicht mehr als Alibi fungieren. Insofern stehen die Spieler jetzt in der Pflicht.“

SportNord: Michael Fischer ohne Fußball – geht das überhaupt, oder werden Sie zeitnah eine neue Aufgabe übernehmen?
Fischer: Ich bin mir ziemlich sicher, dass sich wieder etwas im Fußball- beziehungsweise Sport-Bereich machen werde. Ob als Trainer oder in einem anderen Wirkungsbereich, das lasse ich mir offen. Es gab in der Vergangenheit auf jeden Fall auch schon einige Ideen – und ich bin mir sicher, dass das Telefon klingeln und die eine oder andere Anfrage kommen wird. Jetzt möchte ich aber erst einmal den Kopf freibekommen und Abstand gewinnen. Da der Aufwand, den wir beim SVR betrieben haben, sehr hoch war, sind in den letzten Monaten einige private Angelegenheiten deutlich zu kurz gekommen. Deshalb möchte ich mich in der nächsten Zeit mit Freunden treffen, werde aber sicher auch als neutraler Beobachter das eine oder andere Fußballspiel besuchen. Denn, das steht außer Frage: Ein Leben ganz ohne Fußball würde mir schwerfallen.“

Interview: Johannes Speckner

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