
Zugegeben, ganz so verrückt wie am 16. Oktober 2012, als Schweden im Weltmeisterschafts-Qualifikationsspiel gegen Deutschland im Berliner Olympiastadion nach einem 0:4-Rückstand noch ein 4:4-Unentschieden erreicht hatte, ging es am Sonntag im Wedeler Elbestadion nicht zu. Dem SC Victoria Hamburg gelang dort aber immerhin das Kunststück, nachdem er in der Oberliga-Partie beim Wedeler TSV bereits mit 0:3 im Hintertreffen gelegen hatte, noch ein Remis zu erreichen. Dabei fungierten die Wedeler allerdings unfreiwillig als Steigbügelhalter, da ihnen gleich zwei Eigentore unterliefen ‒ aber der Reihe nach ...
Zunächst zogen die Wedeler in der ersten Halbzeit ein beeindruckendes Angriffspressing auf. Bereits in der achten Minute gelang das Führungstor: Nach einer sehenswerten Kombination passte Jaques Rodrigues Oliveira zu Daniel Diaz Alvarez, der aus acht Metern traf. Darauf folgten weitere gute TSV-Chancen durch Marcus Richter und Dominik Mahnke, ehe SCV-Keeper Dennis Lohmann einen Abschlag suboptimal ausführte: Rodrigues Oliveira nahm den Ball auf und das darauf folgende Foul von Yannick Petzschke gerne an. Den Elfmeter nutzte Marcus Richter zum 2:0 (25.). Als noch nicht einmal eine halbe Stunde gespielt war, stand es sogar 3:0 und die TSV-Anhänger bejubelten das schönste Tor des Tages: Nach einem weiteren schnellen Spielzug und einer langen Flanke von Marlo Steinecke nahm Marcus Richter den Ball von rechts aus spitzestem Winkel direkt und jagte ihn in den Winkel (29.).
Ein erstes Lebenszeichen der Gäste gab Timo Stegmann ab, der einen Freistoß aus 35 Metern Torentfernung so satt traf, dass er über Niklas Marten hinweg im Netz einschlug ‒ der TSV-Torwart sah dabei nicht gut aus (38.). Die Heim-Elf hätte ihre Drei-Tore-Führung bei einer Dreifach-Chance zügig wieder herstellen können: Einen Versuch von Luis Diaz Alvarez blockte Fionouke Manasse ab, den ersten Nachschuss von Marcus Richter parierte Lohmann und den zweiten Abpraller jagte Rodrigues Oliveira über die Latte (41. Minute). „Wenn uns das vierte Tor gelungen wäre, wäre der SC Victoria wohl nicht mehr in die Partie zurückgekommen“, vermutete TSV-Trainer Daniel Domingo.
So aber stand es „nur“ 3:1 und nach der Pause steigerten sich die Gäste, denen zahlreiche Offensivkräfte fehlten. So fiel nur zehn Minuten nach dem Seitenwechsel der Anschlusstreffer: Luka Sedegi scheiterte freistehend an Marten und der Abpraller sprang erst an den Pfosten, dann an das Schienbein des Wedelers Kjell Ellerbrock und von dort zum 3:2 in das eigene Netz. „Das war sehr unglücklich“, sagte Domingo, der auf die vielen langen, gefährlichen Bälle von „Vicky“ reagierte, indem er mit Tim Vollmer einen kopfballstarken Defensivmann einwechselte. Bis in die 87. Minute verteidigten die Wedeler ihren Vorsprung mit großer Leidenschaft; dann wollte Daniel Diaz Alvarez eine Rechtsflanke zu seinem Keeper zurückköpfen ‒ doch der Ball kam so scharf, dass er ihn versehentlich zum 3:3-Endstand in das eigene Netz lenkte.
Domingo fand nach dem Abpfiff sogleich tröstende Worte für den Pechvogel und gab ihm den Rat, im nächsten Spiel „genau so einen Kopfball in das gegnerische Tor zu setzen.“ Zudem sprach Domingo von „einem wirklich verrückten Spiel“ und kam zu dem Schluss: „Vor dem Anpfiff hätte ich einen Punkt sofort unterschrieben ‒ nun bin ich vom Ergebnis etwas enttäuscht, aber keinesfalls von der Leistung meiner Mannschaft.“