Kreisliga 2: Schiedsrichter Karus zum Rassismus-Abbruch

Schiedsrichter Robert Karus erklärte, wie das Spiel verlief und wie es zum Abbruch kam.
(Foto-Credit: Johannes Speckner)

Am Sonnabend machte Robert Karus (vom SC Hansa 11) eine neue Erfahrung, auf die er gerne verzichtet hätte: Erstmals in seiner langen Schiedsrichter-Karriere musste er ein Spiel abbrechen, weil von einer Mannschaft ein Rassismus-Vorwurf geäußert wurde. Hierbei handelte es sich um die Partie des achten Spieltages der Kreisliga 2 zwischen der SV Este 06/70 und dem FK Nikola Tesla II.

Neben Este-Coach Marco Herrmann und Tesla-Trainer Sergio Westermeyer nahm sich auch der in Wedel lebende Karus Zeit, um SportNord seine Sicht der Geschehnisse zu schildern:

"Das Spiel verlief verhältnismäßig einseitig. Dass die Heim-Mannschaft zur Pause nur mit 3:2 führte, lag einerseits an ihrer schlechten Chancenverwertung und andererseits daran, dass ihr Torwart dem Gegner mit zwei Fehlern zwei Treffer ermöglicht hat. In einer relativ fairen Partie, in der abgesehen von den üblichen Kleinigkeiten nichts passiert ist, habe ich in der ersten Halbzeit vier Gelbe Karten verteilt, wobei ich den Tesla-Kapitän wegen Meckerns verwarnt habe.

Im zweiten Durchgang hat die Heim-Mannschaft dann ihre Chancen besser genutzt und ihren Vorsprung auf 6:2 ausgebaut. In der 51. Minute hat der Tesla-Kapitän offensichtlich keine Lust mehr auf Fußballspielen gehabt und sich mit einer Ringer-Einlage die Gelb-Rote Karte abgeholt.

In der 74. Minute lief der Este-Spieler mit der Nummer elf dann einem Steilpass hinterher und drang links in den gegnerischen Strafraum ein. Der Torhüter lief parallel zur Torauslinie ebenfalls in Richtung Ball, allerdings nicht mit vollem Elan, worüber ich mich schon wunderte. Deshalb kam der Stürmer zuerst an den Ball, den er aber kurz vor der Torauslinie nicht mehr kontrollieren sondern mit der Fußspitze nur noch über die Linie kicken konnte. Anschließend holte der Torwart aus und trat dem Stürmer voll in dessen Beine.

Weil dies in meinen Augen definitiv ein absichtliches Nachtreten war - er hat den Gegner bewusst getreten, anstatt einen Körperkontakt zu verhindern, was problemlos möglich gewesen wäre -,  habe ich die Rote Karte gezückt. Dann hörte ich, dass ein Tesla-Spieler, der hinter mir stand, sagte: "Das war die Revanche, denn der Torwart wurde vorher vom Stürmer rassistisch beleidigt."

Damit kann sich der Tesla-Spieler nur auf eine Szene, die sich vier bis fünf Minuten vor der Roten Karte vor der Ausführung eines Eckstoß für die Heim-Mannschaft abspielte, bezogen haben. Allerdings hatte ich in dieser Situation nur gehört, dass der Torwart etwas gesagt hat und der Este-Spieler daraufhin "Pst" entgegnete - was keine Beleidigung ist. Und da es sich hier um eine Ecke handelte, stand ich verhältnismäßig dicht beim Torwart.

Aussagen oder Laute, die auch nur ansatzweise in eine diskriminierende Richtung gehen würden, konnten weder meine Assistenten noch neutrale Zuschauer oder ich selbst vernehmen. Und ich wurde zu diesem Zeitpunkt auch noch von keinem Spieler oder Verantwortlichen der Gast-Mannschaft auf den angeblichen Rassismus-Vorfall hingewiesen. Nach der Roten Karte und dem von Tesla-Seite erstmals erhobenen Vorwurf der Diskriminierung gab es kurzzeitig Diskussionen, ehe die Gäste-Mannschaft geschlossen vom Platz gegangen ist. Und weil die Spieler in ihrer Kabine blieben, blieb mir nichts anderes übrig, als die Partie abzubrechen. 

Neben dem Umstand, dass ich wie gesagt nichts Rassistisches oder Diskriminierendes gehört habe, kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass ein Este-Spieler sich, wenn seine Mannschaft mit 6:2 führt, überhaupt dazu hinreißen lassen könnte, einen Gegner zu beleidigen. Ich habe eher den Verdacht, dass diese Aktion von Nikola Tesla II fingiert wurde, um von eigenen, sportlichen Unzulänglichkeiten abzulenken und am 'Grünen Tisch' vielleicht doch noch die Punkte zu bekommen. Von Tesla-Seite aus wurde ein Grund gesucht, Worte so auszulegen, das Spiel vorzeitig beenden zu können. Und genau das darf keine Schule machen: Gerade die Rassismus-Schiene darf nicht vorgeschoben und benutzt werden, obwohl nichts vorgefallen ist.

Klar ist: Da Nikola Tesla II in den letzten 20 Minuten in doppelter Unterzahl agiert hätte, wäre das Ergebnis bei einer regulären Beendigung der Partie sehr wahrscheinlich noch höher, vielleicht sogar zweistellig, ausgefallen. Ich kenne die Este-Mannschaft und habe beispielsweise vor einem guten Jahr auch schon ihr Heimspiel gegen Inter 2000 gepfiffen. Bei Inter spielen mehrere Schwarze, und dort gab es überhaupt keine Probleme, obwohl Este diese Partie sogar mit 1:2 verloren hat.

Wenn ich einen Bereich kenne, dann ist es der Fußballplatz: An den meisten Wochenenden pfeife ich mehrere Spiele und währenddessen habe ich schon zahlreiche Beleidigungen wie 'Arschloch' oder 'Hurensohn' gehört - aber noch nie etwas Rassistisches. Stattdessen habe ich den Eindruck, dass auf dem Platz jeder den anderen akzeptiert, egel wo er herkommt und wie er aussieht - denn alle wollen einfach nur Fußball spielen. Und inzwischen gibt es auch in nahezu jedem Team Spieler mit Migrationshintergrund."

(Johannes Speckner)

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