
Ein Spiel dauert 90 Minuten, ist eine Fußball-Weisheit, die möglicherweise noch nicht bis zum Platzwart der Sportanlage am Öjendorfer Weg durchgedrungen war: Er schaltete am Freitagabend nämlich das Flutlicht von „Kunstrasenplatz 3“ um 20.20 Uhr aus, als bei der Partie der A-Kreisklasse 2 zwischen dem SC VW Billstedt 04 II (zwölfter Rang, zehn Zähler) und dem Oststeinbeker SV II (13. Rang mit ebenfalls zehn Punkten) gerade einmal Pause war. Daraufhin brach Schiedsrichter Murat Tözel (vom Hamm United FC) die Partie beim Stand von 0:1 ab.
SportNord sprach am Sonntagvormittag mit Oliver Hinsch, dem Trainer der OSV-Reserve, über die Geschehnisse ‒ und darüber, was nun geschehen soll. „Ich wünsche mir, dass das Sportgericht des Hamburger Fußball-Verbandes ein faires Urteil trifft“, sagte Hinsch und präzisierte: „Ich möchte den Verantwortlichen von Vorwärts-Wacker keinesfalls eine böse Absicht unterstellen ‒ aber wenn das Sportgericht die Partie neu ansetzt, würde dies bedeuten, dass zukünftig bei jedem Flutlicht-Spiel das Heim-Team bei einem unangenehmen Spielstand das Licht abschalten und die Schuld dem Platzwart zuschieben könnte ...“ Um einem solchen „Freifahrtschein für Flutlicht-Ausfälle vorzubeugen“, sei eine Wertung des Spiels für seine Oststeinbeker „sehr wichtig“, betonte Hinsch, der als Administrator der facebook-Seite der OSV-Reserve zudem folgenden Bericht verfasste und veröffentlichte:
„Spielbericht zum Spielabbruch bei SC Vorwärts-Wacker 04 2.Herren
Gute erste Minuten brachten uns früh in der fünften Minute in Führung. Niclas Haack setzt sich über die Außenbahn durch. Seine Flanke konnte in der Mitte nicht optimal geklärt werden, sodass Deniz Özdemir einschieben konnte. Viel umjubelt, gab es doch auch zuvor für Deniz schwierige Wochen. Wir hoffen, der Treffer ließ ihn seine Treffsicherheit wiederfinden! Weiterhin erspielte eher der OSV die Torchancen. Eine der besten hatte nach eine Viertelstunde Kosta Plytas: Nach einem abgefangenen Kopfball nahm Kosta den Ball in den Strafraum mit und verzog freistehend aus rund acht Metern. Dies hätte das das 2:0 sein müssen ... Weitere Halbchancen folgten. Vorwärts bekam dann doch immer noch im entscheidenden Moment ein Bein vor den Abschluss. Die letzte große Chance für den OSV hatte Marc Gabrich: Aufrückend kam er aus etwa elf Metern frei zum Schuss, nahm es aber zu genau und traf nur den Pfosten. Es wäre sowohl für die Mannschaft als auch für Marc ein verdienter Treffer gewesen. Vorwärts hatte ebenfalls zwei gute Torchancen durch ihren stärksten Spieler Fernando Wrobel ‒ beide Versuche führten allerdings nicht zum Torerfolg. Beim ersten Versuch verteidigten in letzter Konsequenz Sebastian Böhl und Torhüter Florian Urbanietz einen Steckpass überragend. Im zweiten Versuch scheiterte Wrobel bei einer Direktabnahme.
‒ Halbzeit und Spielabbruch ‒
Motiviert die gute Leistung fortzuführen und wichtige, notwendige und überfällige drei Punkte einzufahren, gab es erst einmal eine große Ernüchterung beim Blick auf den Sportplatz. Die rechte Hälfte, die, in der wir verteidigen sollten, war in Dunkelheit gehüllt. Was war passiert? Der Platzwart hatte das Licht ausgeschaltet in der Annahme, das Spiel sei bereits vorbei gewesen. Nach kurzer Absprache mit Vorwärts und dem Unparteiischen entschieden alle Parteien, das Spiel so nicht fortführen zu können, müssen doch die Glühlampen in Flutlichtmasten zunächst abkühlen, um wieder angeschaltet werden zu können ‒ so auch bei Wacker. Wichtig hierbei ist zu erwähnen, dass der Schiedsrichter die Partie offiziell abgepfiffen und somit ordnungsgemäß abgebrochen hat. Was hiernach passierte, sollte für eine mögliche Verhandlung vor dem Sportgericht keine Relevanz haben.
Nach der offiziellen Bekanntgabe des Spielabbruches gingen die Lampen an den Flutlichtmasten auf der linken Seite der einen Hälfte wieder an. In dieser Zeit waren einige unserer Spieler schon in der Kabine, andere schon ausgezogen und widmeten sich dem anstehenden Freitagabend. Der Schiedsrichter wies darauf hin, dass er die Partie so weiterführen könnte (etwa fünf bis sieben Minuten nach dem Spielabbruch). Aus unserer Sicht aber kein fairer Vergleich, da wir einen knappen Vorsprung verteidigen mussten und auf einer verdunkelten (im Vergleich zu den Gegebenheiten die Vorwärts in der ersten Hälfte vorfand) Spielhälfte verteidigen hätten müssen. Zu dem Fakt, dass einige Spieler bereits mit dem Gedanken in der Abendplanung waren und inklusive Halbzeit in dem Moment rund 30 Minuten vergangen sind. Um hier auch nochmal zu verdeutlichen, dass nicht nur einige Spieler des OSV mental nicht mehr im Spielmodus waren, gab auch der Kapitän von Vorwärts Wacker (Markus Daniel Schönherr) im Gespräch nach dem Spiel dieselben Einblicke zur Fortführung des Spieles. Sowohl auf unserer als auch auf gegnerischer Seite gab es also Wortmeldungen für und gegen eine Fortführung des Spieles, woraufhin der offizielle Spielabbruch Bestand haben sollte.
Wir denken, dass der Spielabbruch vor dem Sportgericht verhandelt wird und es hier nur bis zum Spielabbruch gewertet wird. Das Spiel war offiziell beendet und hier sollte bewertet werden, wie es dazu kam. Wir haben hierzu ein paar Auszüge aus der Spielordnung des HFV für euch zusammengestellt um darzustellen, wie eine mögliche Verhandlung vor dem Sportgericht ausgehen könnte (sofern es dazu kommt):
§ 28 Spielwertungen in besonderen Fällen
Entscheidet das Sportgericht auf einen unverschuldeten Spielabbruch der Heimmannschaft gilt folgender Absatz (8):
,Unverschuldeter Spielabbruch
Bricht der Schiedsrichter oder die Schiedsrichterin ein Spiel ab, ohne dass ein Verschulden einer beteiligten Mannschaft oder der beteiligten Vereine vorliegt, so soll das Spiel neu angesetzt werden.'
Entscheidet das Sportgericht aber auf einen verschuldeten Spielabbruch, so gibt es hierfür eine Absätze im Paragraphen 28 die hierfür sprechen sollten:
,Verschuldeter Spielabbruch
Verschuldet eine Mannschaft oder ihr Verein in unsportlicher Weise einen Spielabbruch, so wird das Spiel wie in Absatz (2) gewertet, sofern sich nicht für den Sieger bereits zum Zeitpunkt des Abbruchs ein günstigerer Spielstand ergab. Dann wird dieser gewertet.'
Hier möchten wir darauf hinweisen, dass wir Vorwärts keine Unsportlichkeit vorwerfen möchten, folgende Absätze können aber dennoch für ein Verschulden des Heimvereines ausgelegt werden:
Absatz (9)
,Ist das Spielfeld nicht ordnungsgemäß aufgebaut und werden entsprechende Beanstandungen des Schiedsrichters nicht behoben, wird das Spiel für den Platzverein mit 0:3 Toren als verloren gewertet.'
Für uns war zu dem Zeitpunkt folgende in § 29 ‒ Beschaffenheit von Platzanlagen in den Absätzen 2 und 3 hinterlegte Auslobung des Verbandes nicht gegeben oder verletzt:
,(2) Der gastgebende Verein hat das Spielfeld den Regeln entsprechend herzurichten, die Räume hinter den Toren vor allem bei Spielen der ersten Mannschaften zweckdienlich abzusperren und für das Spiel mindestens zwei Bälle bereitzuhalten.
Veränderungen des Spielfeldes während des Spieles dürfen ohne Einverständnis des Gegners und des Schiedsrichters oder der Schiedsrichterin nicht mehr vorgenommen werden.
(3) Werden an einer Platzanlage im Verlaufe einer Spielzeit Veränderungen vorgenommen, die Einfluss auf den Ablauf der Spiele haben, so ist dieses den spielleitenden Ausschüssen anzuzeigen. Diese veranlassen gegebenenfalls zur Sicherung einheitlicher Wettbewerbsbedingungen Überprüfungen.'
Wir sind gespannt auf die Verhandlung und betonen hier nochmals in deutlichster Form, dass wir das Spiel unbedingt unter normalen und gleichen Vorzeichen hätten fortführen wollen. Durch den Fehler des Platzwartes ergab sich allerdings eine Veränderung des Spieles und hätten Auswirkungen auf den Ausgang des Spieles nehmen können.
Hierzu möchten wir auch noch auf den Fall des FC Lauenburg hinweisen, bei dem es ebenfalls bei einem ,Ausfall' der Lichtanlage (Anmerkung der Redaktion: Siehe unten verlinkten SportNord-Bericht) eine 0:3-Wertung gegen den FC gab. Weiterhin möchten wir niemandem etwas vorwerfen. Allerdings könnten dann auf allen Freitagsspielen bei einem Rückstand die Lichter ausgehen und da es der Platzwart war, ergäbe sich dann eine zweite Chance für das Heim-Team.
Für uns bleibt ein bitterer Fußballabend, hatten wir doch eine gute Partie gespielt und die drei Punkte fest im Blick. Uns hätte der Sieg gutgetan!“