
In den letzten Tagen und Wochen wurde viel geschrieben über die Meisterschaft des FC Bingöl, der den Sporting Clube II im Titelrennen der Kreisliga 2 nur hinter sich lassen konnte, weil sich Örnek Türkspor vom Spielbetrieb zurückzog, und die 1:2-Niederlage, die Bingöl gegen Vatan Gücü kassiert hatte, vom Hamburger Fußball-Verband in einen 3:0-Sieg für Bingöl umgewertet wurde.
Nun nimmt Selahattin Demir, der 2004 an der Gründung des FC Bingöl beteiligt war und seit sechs Monaten wieder geschäftsführender Leiter des kurdischen Klubs ist, bei SportNord Stellung ...
„Unser Aufstieg in die Bezirksliga, der für diese Saison gar nicht eingeplant war, ist ohne Frage glücklich und zufällig zustande gekommen - nicht nur durch unsere guten Leistungen auf dem Platz, sondern vor allem durch das Fehlverhalten von anderen Vereinen. Klar ist, dass wir am Ende aus eigener Kraft eigentlich gar nicht mehr hätten Kreisliga-Meister werden können – wenn Örnek sich nicht zurückgezogen hätte, und Vatan Gücü nicht den falschen Ehrgeiz besessen hätte, uns auf jeden Fall schlagen zu wollen. Um dies zu schaffen, hat Vatan mit Ogur Cictfi einen Spieler eingesetzt, der noch nicht spielberechtigt war ... Jeder Klub, der im Amateur-Bereich spielt, hat die technischen Möglichkeiten, zu überprüfen, ob alle Akteure des Gegners spielberechtigt waren – und diese Lektion habe ich schon vor vier Jahren gelernt!
In der Saison 2003/2004 haben wir gegen den SV Barmbek II ein 2:2-Unentschieden erreicht. Ich stand damals noch im Tor, und ein paar Tage später erfuhren wir, dass die Barmbeker Reserve Protest gegen die Spielwertung eingelegt hat. Der Grund dafür: Ein Spieler, der bei uns zum Einsatz kam, war für Freundschaftsspiele bereits freigegeben, aber nicht für Pflichtspiele. Damals habe ich den Fehler gemacht, dass ich nicht richtig in seinen Pass geschaut habe. Seitdem habe ich es immer so gemacht, dass ich nach jedem Spiel, das Bingöl nicht gewonnen hat, im Internet die Spieler des Gegners auf ihre Spielberechtigung hin kontrolliert habe. In 99 Prozent aller Fälle findet man nichts – aber in dieser Saison bin ich bei den fünf Spielen, die Bingöl nicht gewonnen hat, ein Mal fündig geworden: Bei Vatan Gücü, das besagten Spieler Ciftci eingesetzt hatte ...
Was unser Verhältnis zu Vatan betrifft, sollte man sich an die Tatsachen halten. Und die besagen: Wir trainieren beide auf dem Platz an der Slomanstraße in Veddel. Das ist aber auch die einzige Gemeinsamkeit – denn wir sind ein kurdischer Klub, während Vatan Gücü, was übersetzt ‚Heimat-Macht’ heißt, ein nationalistischer türkischer Verein ist. Deshalb war Vatan auch so heiß darauf, seinen Anhängern einen Sieg gegen uns zu schenken – sie wollten uns unter allen Umständen schlagen! Weil sie sich keine Niederlage gegen Kurden erlauben konnten, haben sie auch das Risiko auf sich genommen, einen Spieler einzusetzen, der nicht spielberechtigt war. Die 150 Euro Geldstrafe und die nachträgliche Umwertung sind ihnen egal, denn sie konnten in ihrem Vereinsheim einen Sieg gegen die Kurden feiern.
Als wir bemerkt hatten, dass der Vatan-Spieler Ciftci nicht spielberechtigt war, habe ich Herrn Uwe Ennuschat vom HFV am 5. Mai eine E-Mail geschickt und Protest gegen die Spielwertung eingelegt. Am 7. Mai antwortete Herr Ennuschat mir, dass er mittlerweile auch den schriftlichen Protest erhalten habe, er aber keinen Regelverstoß erkennen könne. Wir haben unseren Protest aber aufrechterhalten, und am 14. Mai kam es dann zur Verhandlung. Traurig war, dass kein Verantwortlicher von Vatan zugegen war – der Sporting-Präsident wohnte der Verhandlung dagegen als Zuschauer bei. Als ich dem vorsitzenden Richter Christian Koops sagte, dass im DFB-Net stehen würde, dass der Spieler Ciftci erst ab dem 31. Mai spielberechtigt sei, musste Herr Ennuschat dies auf Geheiß von Herrn Koops überprüfen – und dann führte dieser Regelverstoß von Vatan zur Umwertung.
Es gab Spekulationen, Vatan hätte gewollt, dass wir Meister werden. Nehmen wir einmal an, das wäre wirklich so – dann hätte Vatan doch quasi ‚nur’ eine schlechte Mannschaft mit Alt-Herren-Spielern aufstellen und gegen uns verlieren müssen. Das wäre einfacher und preiswerter als ein Gerichtsverfahren gewesen – zumal man bei so einem Verfahren nie weiß, wie es