
Lang, lang ist es her: Von 1979 bis 1981 spielte Holstein Kiel letztmals in der zweithöchsten Deutschen Spielklasse mit. Darauf folgten für die Kieler triste Jahre in der Regional- und Oberliga; vor zwei Jahren gelang der Aufstieg in die Dritte Liga (SportNord berichtete, siehe unten stehenden Link). Überhaupt ist Schleswig-Holstein in der Bundesliga-Landkarte ein weißer Fleck: Spielen im Handball der THW Kiel und die SG Flensburg-Handewitt regelmäßig um alle wichtigen Titel, die es im Vereinshandball zu gewinnen gibt, mit, wird seit dem im Sommer 2004 erfolgten Abstieg des VfB Lübeck aus der Zweiten Liga kein „echter“ Profi-Fußball mehr im nördlichsten Bundesland geboten. Dies könnte sich nun ändern: Die KSV Holstein klopft an das Zweitliga-Tor und bekommt, nachdem sie die Drittliga-Saison 2014/2015 als Tabellen-Dritter hinter dem Meister DSC Arminia Bielefeld und dem Vizemeister MSV Duisburg abschloss, die Chance, sich in zwei Relegationsspielen gegen den Zweitliga-Drittletzten TSV 1860 München das letzte Zweitliga-Tucket für die kommende Saison 2015/2016 zu sichern.
Während die Kieler schon seit dem vorletzten Drittliga-Spieltag, der am 16. Mai ausgetragen wurde, als Relegationsteilnehmer feststanden und ihr letztes Spiel gegen die Stuttgarter Kickers (0:2) nicht mehr ernst nehmen mussten, erfuhren sie erst am Pfingstsonntag, auf wen sie in den beiden „Alles-Oder-Nichts-Spielen“ treffen. 1860 München, eigentlich mit Aufstiegsambitionen in diese Saison gestartet, verlor sein letztes reguläres Zweitliga-Spiel beim Karlsruher SC mit 0:2 und rutschte deshalb noch vom rettenden 15. Rang auf den Relegationsplatz 16 ab. Dies lag daran, dass der FSV Frankfurt, der als Drittletzter in den letzten Spieltag gegangen war, zeitgleich bei Fortuna Düsseldorf mit 3:2 gewann und dadurch an den Münchenern vorbeizog. Die „Löwen“ hatten sogar noch Glück, dass der FC Erzgebirge Aue beim 1. FC Heidenheim 1846 über ein 2:2-Unentschieden nicht hinauskam ‒ hätten die Auer in Heidenheim gewonnen, hätten sie sich komplett gerettet, der FC St. Pauli wäre auf den Relegationsrang abgerutscht und die „Löwen“ wären direkt abgestiegen.
Dass es in der Relegation nun kein Nord-Derby gegen St. Pauli gibt, begrüßten die meisten Verantwortlichen der KSV Holstein. Dafür kommt es für die Kieler nun zum Wiedersehen mit Torsten Fröhling: Der 48-Jährige, der am 18. Februar beim TSV 1860 vom Reserve- zum Liga-Trainer befördert worden war (SportNord berichtete), arbeitete in der Saison 2009/2010 an der Kieler Förde. Zunächst betreute er ab dem 1. Juli 2009 die Holstein-Reserve, ehe er am 17. September für zweieinhalb Wochen interimsweise die Erste Mannschaft trainierte. Seit dem 5. Oktober war er dann bis zum Saisonende wieder für die „Jung-Störche“ verantwortlich. Zuvor hatte Fröhling, der als Verteidiger für den Hamburger SV, den FC St. Pauli und den VfB Lübeck am Ball war, als Trainer auch bei der A-Jugend von Eintracht Norderstedt (bis zum Juni 2007) sowie bei Altona 93 (Juli 2007 bis Februar 2009) gearbeitet. An seiner früheren Wirkungsstätte in Norderstedt schlug Fröhling nun unter der Woche mit seinen „Löwen“ auch ein Trainingslager auf.
In Fröhlings Team hat auch Rechtsverteidiger Moritz Volz eine „norddeutsche Vergangenheit“: Von 2010 bis 2012 kickte er für den FC Sr. Pauli. Im Gegenzug steht im Kader der Kieler ein gebürtiger Münchener: Maximilian Riedmüller ist allerdings nur Torwart Nummer drei hinter Kenneth Kronholm sowie Niklas Jakusch und kickte nie beim TSV 1860. Kurios: Es gab bisher erst ein einziges Pflichtspiel zwischen den Münchener „Löwen“ und den Kieler „Störchen“ ‒ und dieses fand in dieser Saison (!) statt. In der Ersten Hauptrunde des DFB-Vereinspokals gewannen die „Sechziger“ am 17. August 2014, noch unter der Regie von Fröhlings Vor-Vorgänger Ricardo Moniz, mit 2:1 im Holstein-Stadion. Nach der frühen Kieler Führung durch Tim Siedschlag (8.) drehte Rubin Okotie die Partie per Doppelpack (65., 81./Foulelfmeter) zugunsten von Moniz, der von 2008 bis 2010 noch beim HSV tätig war (zunächst als Athletik-Trainer, dann als Interimscoach). Dass es gute neun Monate später in der Relegation zum Wiedersehen kommt, hätte sich damals wohl niemand träumen lassen ...
Aber Fakt ist: Am Freitag, 29. Mai treffen die beiden Teams um 20.30 Uhr erneut im Kieler Holstein-Stadion aufeinander; für die Kieler geht es dann darum, sich daheim eine gute Ausgangsposition zu schaffen. Das alles entscheidende Rückspiel in der Münchener Allianz-Arena steigt dann am Dienstag, 2. Juni ebenfalls um 20.30 Uhr. Die Münchener gelten als Favorit ‒ sie haben aber viel zu verlieren und dürften nach einer Zweitliga-Saison mit nur neun Siegen (einen davon feierten sie am 14. September 2014 mit einem 2:1 bei St. Pauli), neun Unentschieden und 16 Niederlagen nicht gerade vor Selbstvertrauen strotzen. Dagegen holten die Kieler eine Etage tiefer starke 18 Siege und 13 Remis bei nur neun Niederlagen ‒ und die Schleswig-Holsteiner können nur gewinnen. Was die KSV Holstein darauf hoffen lässt, nach 34 Jahren tatsächlich die Rückkehr in die Zweitklassigkeit zu schaffen, ist auch ein Blick auf die bisherigen Regelations-Ergebnisse: Seitdem die Relegation zwischen Dritter und Zweiter Liga vor sechs Jahren eingeführt wurde, behauptete sich fünfmal (!) der Drittligist ...
Die bisherigen Relegations-Ergebnisse zwischen Drittliga-Drittem und Zweitliga-Drittletztem
2009: SC Paderborn 07 ‒ VfL Osnabrück ... 1:0, 1:0
2010: FC Ingolstadt 04 ‒ FC Hansa Rostock ... 1:0, 2:0
2011: SG Dynamo Dresden ‒ VfL Osnabrück ... 1:1, 3:1 nach Verlängerung
2012: SSV Jahn Regensburg ‒ Karlsruher SC ... 1:1, 2:2
2013: VfL Osnabrück ‒ SG Dynamo Dresden ... 1:0, 0:2
2014: SV Darmstadt 98 ‒ DSC Arminia Bielefeld ... 1:3, 4:2 nach Verlängerung
Der Drittliga-Vertreter ist immer die erstgenannte Mannschaft, weil er jeweils zuerst Heimrecht hatte. Die Mannschaft, die sich nach beiden Duellen durchsetzte und die darauf folgende Saison in der Zweiten Bundesliga antreten durfte, ist gefettet dargestellt.