
(Foto-Credit: Johannes Speckner)
„Wenn wir Meister werden, rasiere ich mir eine Glatze.“ Dieser Ankündigung aus grauer Vorzeit ließ Benjamin Kälberloh im Mai nach dem Titelgewinn in der Kreisliga 1 Taten folgen und beseitigte seine Haarpracht, die dem eigenen Bekunden nach „eh nicht mehr allzu üppig war“. Am Dienstagabend präsentierte der 41-Jährige seine neue Frisur erstmals einer breiten Öffentlichkeit: Stand er am Vorabend noch mit einer Baseball-Kappe am Spielfeldrand, musste er diese am zweiten Raiba-Cup-Spieltag seinem Torwart Niklas Grote leihen: „Er brauchte sie wegen der tief stehenden Sonne.“ Am Ende trotzte Grote mit Bezirksliga-Neuling Haseldorf dem Nachbarn Hetlinger MTV (Landesliga 1) ein 1:1-Unentschieden ab.
Das Duell der beiden klassenhöchsten Mannschaften im Teilnehmerfeld des diesjährigen Wanderpokals der Raiffeisenbank Elbmarsch eG verfolgten 508 zahlende Zuschauer. „Am zweiten Spieltag kommen immer etwas weniger Besucher als zum Auftakt“, nahm es Turnierleiter Jan Aubrecht von der Raiffeisenbank Elbmarsch eG gelassen, dass das Sportzentrum An’n Himmelsbarg damit nicht ganz so gut besucht war wie am Montagabend. Diejenigen, die gekommen waren, sahen eine spielerisch überlegene Hetlinger Mannschaft, die bei ihrem ersten diesjährigen Raiba-Cup-Auftritt aber „oft nicht schnell genug spielte“, wie HMTV-Fußball-Abteilungsleiter Michael Kirmse tadelte: „Deshalb konnten die Haseldorfer unsere Angriffe immer wieder gut verteidigen.“
In der Schlussphase der ersten Halbzeit fielen zwei Tore. Zunächst ging der Außenseiter in Führung, als er vorne früh presste und die Hetlinger trotzdem versuchten, die Situation spielerisch zu lösen, anstatt den Ball lang nach vorne zu schlagen. Lukas Nickels spekulierte richtig, eroberte das Spielgerät und traf zum 1:0 (33. Minute). „Leider haben wir die Führung nicht mit in die Pause nehmen können“, ärgerte sich TVH-Trainer Benjamin Kälberloh, dass der Favorit fast postwendend ausglich. Adnan Kubat zirkelte einen Freistoß hoch in den Haseldorfer Strafraum (Kälberloh: „Gefühl war schon Schnee auf dem Ball.“), wo ihn Semih Tokay aus fünf Metern ins Netz stocherte. Während Kälberloh haderte, dass Grote in dieser Szene „auf der Linie klebte“, nannte Kirmse den schnellen Ausgleich „sehr wichtig“.
Im zweiten Durchgang drängten die Hetlinger auf den Führungstreffer, aber die Haseldorfer verteidigten mit hohem Einsatz und kamen auch selbst immer wieder zu Offensivaktionen. Allzu oft konnten sie den neuen HMTV-Torwart Knut-Ole Mohr dabei allerdings nicht mehr fordern. Seine Raiba-Cup-Premiere gefiel dem 39-Jährigen: „Vor so vielen Zuschauern spielen zu dürfen, ist uns Amateuren ja im Hamburger Bereich sonst höchstens mal in Partien gegen Altona 93 vergönnt – das macht schon Spaß.“ Der Spaßfaktor für Mohr und seinen Trainer Erkan Sancak, der ebenfalls erstmals verantwortlich beim Raiba-Cup an der Seitenlinie stand, wäre im Falle eines Sieges natürlich noch höher gewesen. „Und es war ja nicht so, dass wir keine Chancen gehabt hätten“, sinnierte Kirmse.
Doch Niko Saka, der neben Kubat der agilste Hetlinger war, scheiterte von rechts aus an Grote (42. Minute). Dann traute sich Okan Gülec vom linken Strafraumeck aus keinen Schuss zu, ehe Derrick Frimpong knapp am langen Eck vorbei zielte (45.). Bei einem schnellen Gegenstoß des HMTV fand Stephen Agyemang Osei von rechts aus den am langen Pfosten lauernden Saka nicht (53.). Als Saka später zum Schuss kam, hielt Grote den Ball im Nachfassen (64.). Benjamin Dodd zog zu Sancaks Entsetzen aus 25 Metern ab, anstatt den Angriff richtig auszuspielen, und verfehlte sein Ziel deutlich (65.). Und in der Nachspielzeit blieb die Pfeife von Schiedsrichter Robert Waigant (Kickers Halstenbek) stumm, als der Hetlinger Enis Ay im TVH-Strafraum nach leichtem Kontakt mit Nickels schreiend zu Boden gegangen war.
Dass Waigant die Partie kurz darauf beendete, war richtig und ermöglichte es den Kickern des TSV Holm und des Moorreger SV, die neben dem Spielfeldrand schon ungeduldig mit den Hufen gescharrt hatten, endlich das Feld für ihr Duell zu betreten. Kirmse haderte allerdings: „Für die klassenhöhere Mannschaft ist es ärgerlich, dass die Raiba-Cup-Spiele nur über 70 Minuten gehen, denn in der Folge hätten wir vermutlich mehr Kraftreserven gehabt.“ Für Kälberlohs Geschmack war „das Unentschieden ein verdientes Ergebnis“. Dass die Hetlinger „hinten anfällig gewesen“ seien, habe seine Elf „leider nicht oft genug ausnutzen können“, urteilte der 41-Jährige.
Durch das Unentschieden haben die Hetlinger den Titelgewinn zwar noch immer in der eigenen Hand, aber sie müssen ihre drei noch ausstehenden Partien allesamt gewinnen, um sicher den Wanderpokal zu holen. Dagegen würde dem TSV Heist nun zur Titelverteidigung ein Unentschieden gegen den Landesligisten genügen, sofern er seine anderen beiden Aufgaben gewinnt. „Aber die Heistmer müssen ja auch noch gegen uns spielen“, erklärte Kälberloh, der aufgrund seiner Erfahrungen in den vergangenen Jahren „beim Raiba-Cup keine Rechenspiele mehr macht, welche Platzierung bei welchem Ergebnis noch möglich ist.“ Klar ist aber: Sollten die Haseldorfer am Ende noch Erster werden, könnten bei Kälberloh keine weiteren Haare mehr abgeschnitten werden.
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(Johannes Speckner)