Oberliga: Altona gewinnt Wahnsinnsspiel am Blomkamp

Bujar Sejdija (rechts). hier im Duell mit dem Osdorfer Kevin Trapp, glich in der Nachspielzeit für seine Altonaer zum 3:3 aus.
(Foto-Credit: Johannes Speckner)

Andreas Bergmann stellte laut die Frage: „Was war das denn?“ Der 63-jährige Coach von Altona 93 konnte nicht recht glauben, dass sein 29 Jahre jüngerer Trainerkollege Bennet Krause gerade zum Altonaer Spieler Mika-Benjamin Feigenspan, der nach einem Kontakt mit Mehmet Eren zu Boden gegangen war, lautstark aufgefordert hatte: „Steh mal auf da, Kollege.“ Was Bergmann wohl nicht wusste: In der Saison 2018/2019 hatte Bennet Krause noch mit Feigenspan zusammen für den TuS Osdorf gekickt. Am Ende entpuppten sich die Altonaer tatsächlich zu Stehauf-Männchen: Mit drei Toren in der Nachspielzeit drehten sie einen 1:3-Rückstand in Osdorf noch zum 4:3-Sieg.

Das Wahnsinnsspiel in der Oberliga Hamburg begann am Freitagabend damit, dass der Altonaer Theo Behrmann nach einem Steilpass von Minou Tsimba-Eggers rechts Jannik Ahrens enteilte und dann aus spitzem Winkel am zu zögerlich attackierenden Felix Woldt vorbei einschoss (0:1/3. Minute). Viele 93-Anhänger bejubelten diesen Treffer erst mit Verspätung, da sie nicht sofort bemerkt hatten, dass der Ball wirklich im Netz zappelte. Vor den Augen zahlreicher ehemaliger, aktuell aber pausierender Trainer – unter anderem schauten Koray Gümüs, Heiko Klemme und Philipp Riexinger zu – hätten die Gäste ihren Vorsprung beinahe ausgebaut. Doch einen Freistoß von Bujar Sejdija parierte TuS-Torwart Tjark Grundmann stark, ehe auch Michael Gries von halblinks aus am Schlussmann hängen blieb.

Statt 0:2 hieß es kurz vor der Pause plötzlich 1:1, als die Hausherren nach einer Freistoßflanke von ihrer linken Seite zurückschlugen: Robin Schmidt scheiterte zunächst noch an 93-Keeper Julian Quack, den auch der nachsetzende Felix Spranger nicht bezwingen konnte – doch dann drückte Christopher Grünewald den Ball aus wenigen Zentimetern über die Linie (39. Minute). In der Folge wogte die Partie hin und her. Nach einer Stunde schien sie zugunsten der Osdorfer zu kippen: Zwar ließ sich Mehmet Eren davon irritieren, dass 93-Kapitän Fynn Rathjen, bevor er einen Strafstoß ausführte, aufreizend lässig in einem Bogen vor dem Elfmeterpunkt herumging, und scheiterte flach halblinks an Quack – doch den aus seiner Sicht nach rechts wegprallenden Ball drückte Eren dann im Nachsetzen ins Netz (2:1/60.).

Sogar 3:1 hieß es, als der Osdorfer Spielführer Tim Jobmann eine von rechts kommende Freistoßflanke von Spranger per Kopf in das lange Eck verlängerte (72.). Doch die Gäste von der Griegstraße gaben sich noch nicht geschlagen und profitierten zudem von zwei Entscheidungen von Schiedsrichter Florian Pötter (vom FC Voran Ohe). Zunächst zückte der 28-Jährige die Rote Karte gegen den Osdorfer Papa Mousse Ndiaye, der er an der Seitenlinie von hinten Sejdija umgegrätscht hatte (76.). Dann zeigte Pötter eine zehnminütige Nachspielzeit an, die er letztlich sogar noch einmal verlängerte. Ob der Referee sich dabei von der Weltmeisterschaft in Katar inspirieren ließ?

Natürlich waren die Osdorfer Verantwortlichen mit der langen Extra-Spielzeit alles andere als einverstanden. Und tatsächlich sollte die dramatische Partie noch zugunsten der Altonaer kippen. Für den 3:2-Anschlusstreffer und neue Spannung sorgte Gries, der links dynamisch einlief und eine lange Rechtsflanke von Narek Abrahamyan, die noch einmal aufsprang, mit seinem Kopf so erwischte, dass sie im rechten Eck einschlug (91.). Die nächste Hereingabe der Gäste von der rechten Seite, dieses Mal von Piet Verbeek kommend, klärten die Osdorfer, allerdings nicht weit genug. So gelangte das Spielgerät zu Sejdija, der es aus 18 Metern per Dropkick sehenswert zum 3:3 versenkte (95.).

Anstelle einer Punkteteilung, die für beide Mannschaften durchaus gerecht gewesen wäre, gab es in der exakt hundertsten Minute noch das siebte und letzte Tor des Tages. Sejdija schickte rechts Behrmann steil, der etwa einen Meter vor der Grundlinie einen messerscharfen Querpass – fast einem Torschuss gleich – in die Mitte spielte. Am langen Pfosten prallte der Ball an das Bein des dort stehenden Robin Schmidt und von dort aus zum 3:4-Endstand in das TuS-Tor. Fakt ist: Durch die klare Richtungsänderung, die der Osdorfer dem Ball gab, ist dies als Eigentor zu werten, auch wenn im DFB-Net Sejdija als Torschütze genannt wird.

Dass in der Folge sowohl Bergmann, der sich für den Geschmack von Pötter zu ausgelassen über die Wahnsinnsaufholjagd seiner Elf freute, als auch Bennet Krause wegen Reklamierens noch die Gelb-Rote Karte sahen, bildete den Abschluss eines spektakulären Abends.

(Johannes Speckner)

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