
In der Regionalliga Nord gibt es den Verdacht auf einen Dopingfall: Tobias Francisco, Mittelfeldspieler des Tabellenführers SV Babelsberg 03, wurde am 21. November 2009 nach dem 1:0-Sieg beim Halleschen FC zur Dopingprobe ausgelost. Bei der Labor-Analyse wurde ein deutlich erhöhter Testosteron/ Epitestosteron-Quotient festgestellt. Die zusätzlich durchgeführte Kohlenstoff-Isotopenverhältnis-Bestimmung bewies, dass die verbotene Substanz körperfremden Ursprungs ist.
Damit liegt nach den Doping-Bestimmungen eine positive A-Probe vor, und sowohl der Spieler als auch der Verein verzichteten auf die Öffnung der B-Probe. Da der 21-Jährige in Halle nicht zum Einsatz kam, sondern 90 Minuten auf der Ersatzbank saß, ist die Spiel-Wertung nicht betroffen. Der Kontrollausschuss des Deutschen Fußball-Bundes hat nun gegen Francisco wegen des Verdachts eines Doping-Vergehens ein Verfahren eingeleitet und den Spieler zur Abgabe einer Stellungnahme zum Doping-Vorwurf aufgefordert. Zudem wurde Francisco auf Antrag des DFB-Kontrollausschusses am gestrigen Montag im Rahmen einer Einstweiligen Verfügung vorläufig gesperrt.
Die Babelsberger um Chefcoach Dietmar Demuth, der als Spieler und Trainer einst lange Jahre beim FC St. Pauli kickte, haben Francisco vom Trainings- und Spielbetrieb freigestellt. Francisco, ein U21-Nationalspieler von Angola, war im Sommer 2007 aus der A-Jugend des Ludwigsfelder FC zum SVB gekommen, wo er zunächst zwei Jahre für die Zweite Mannschaft in der Brandenburg-Liga spielte, ehe er im Sommer 2009 in den Regionalliga-Kader befördert wurde. Dort wurde er zwei Mal eingewechselt: Am 29. August beim 2:1-Sieg beim FC Oberneuland nach 80 Minuten und am 5. Dezember beim 1:0-Sieg beim FC St. Pauli II nach 82 Minuten.
Legt St. Pauli nun Protest gegen die Spielwertung ein? „Das kann ich nicht entscheiden, darüber muss ich noch mit unserer Sportlichen Führung besprechen“, erklärte Jörn Großkopf auf Nachfrage von SportNord. Der Trainer der St. Pauli-Reserve gab zu bedenken: „Es ist fraglich, ob die verbotene Substanz zwei Wochen nach dem Test noch im Körper des Spielers war!“ St. Paulis Manager Hermann Klauck erklärte gegenüber SportNord: „Diese Sache ist nicht gut für den Fußball. Wir können aber nicht aufgrund von Presse-Meldungen einen Protest einlegen – wir müssten dazu mehr Hintergrundwissen haben und es wäre eigentlich die Aufgabe des DFB, uns zu informieren!“
Fakt ist: Die Einspruchsfrist nach dem Bekanntwerden eines Dopingvergehens beträgt zwei Tage, somit müssten die St. Pauli-Verantwortlichen noch am heutigen Dienstag Protest gegen die Spielwertung einlegen. Großkopf zu einem möglichen Wiederholungsspiel: „Babelsberg hat gegen uns verdient gewonnen – und es weiß niemand, ob wir bei einer Neuansetzung nicht sogar höher verlieren würden ...“ Wahre Worte, und falls die Reserve des Kiez-Klubs in einem möglichen Wiederholungsspiel eine deutlichere Niederlage kassieren sollte, könnte dies bittere Folgen haben, denn am Saisonende könnte auch die Tordifferenz für den Klassenerhalt entscheidend sein ...
In den Anti-Doping-Richtlinien des DFB heißt es:
4. d) Mitwirkung eines gedopten Spielers
In Abänderung von Nr. 1. ist der Einspruch innerhalb von zwei Tagen nach Kenntnis der Benachrichtigung durch die Dopingkommission einzulegen. Wird der Einspruch auf ein behauptetes Dopingvergehen gestützt, ohne dass dem Vorwurf eine in dem betreffenden Spiel durchgeführte Dopingkontrolle zugrunde liegt, ist der Einspruchsführer in vollem Umfang beweispflichtig dafür, dass ein Dopingvergehen vorlag. Es gilt die Frist gemäß Absatz 1, die jedoch zwei Wochen nach dem betreffenden Spiel endet.
5. a) Hat in einem Spiel in einer Mannschaft ein gedopter Spieler mitgewirkt und ist dieser Spieler wegen Dopings bestraft worden, oder weigert sich ein Spieler schuldhaft, sich einer Dopingkontrolle zu unterziehen, so wird dieses Spiel für seine Mannschaft, falls sie das Spiel gewonnen oder unentschieden gespielt hat, mit 0:2-Toren als verloren gewertet. Für den Gegner bleibt die Spielwertung vorbehaltlich der Regelung in Absatz 2 bestehen. Von dieser Spielwertung kann bei Vorliegen besonderer Umstände zugunsten der Mannschaft des gedopten Spielers abgewichen werden. Es kann in diesem Fall alternativ erkannt werden auf:
– Bestätigung der ursprünglichen Spielwertung;
– teilweise Aberkennung der von der Mannschaft des gedopten Spielers mit dem Spiel gewonnenen Punkte unter Beibehaltung des Torergebnisses;
– Spielwiederholung.
In Abweichung von Absatz 1, Satz 2 wird das Spiel mit 2:0-Toren für den Gegner als gewonnen gewertet, wenn der Einsatz des gedopten Spielers den Ausgang des Spiels als unentschieden oder als für den Gegner verloren mit hoher Wahrscheinlichkeit beeinflusst hat. Sätze 3 und 4 des Absatzes 1 finden in diesem Fall keine Anwendung.
5. c) Wird der Verein beziehungsweise die Tochtergesellschaft wegen eines Vergehens gemäß § 7 Nr. 1. i) bestraft, ohne dass gegen den Spieler ein strafbarer Tatbestand des Dopings vorliegt, so gelten für die Wertung des Spiels a), Absatz 1, Sätze 1 und 2 oder Absatz 2. d). Liegt ein Dopingfall vor, ohne dass Spieler und Verein beziehungsweise Tochtergesellschaft ein Verschulden vorgeworfen werden kann, ist das Spiel zu wiederholen.
6. Wird auf Spielwiederholung erkannt, ist das Spiel grundsätzlich am gleichen Ort neu auszutragen.
(JSp)