Regionalliga: Viele Fragezeichen bei Auf- und Abstieg


In wohl keiner anderen Liga in Norddeutschland ist es aktuell so ungewiss, wie viele Mannschaften am Saisonende (sportlich) absteigen müssen, wie in der Regionalliga Nord. Eigentlich gibt es in der Nord-Staffel der vierthöchsten Deutschen Spielklasse drei Regelabsteiger. Neben dem Schlusslicht FT Braunschweig, das für die kommende Regionalliga-Saison keine Zulassung beantragte, müssten dem aktuellen Tabellenstand nach also auch der VfR Neumünster und der Goslarer SC 08 den Gang in die Fünftklassigkeit antreten. Beide Teams haben aber noch die Chance, sportlich den Klassenerhalt zu schaffen.

Der Vorletzte VfR Neumünster erhielt zudem bisher vom Norddeutschen Fußball-Verband keine Zulassung für die kommende Saison 2015/2016. Die Schwalestädter könnten zwar „eine kurzfristige Nachfrist nutzen, um seine Zulassungsunterlagen zu vervollständigen beziehungsweise nachzubessern“, hieß es in einer Pressemitteilung, die der Nord-FV am Montag verschickte (SportNord berichtete, siehe unten stehenden Link). Sollte der VfR allerdings keine Zulassung erhalten, stünde er unabhängig von seiner sportlichen Abschlussplatzierung als zweiter sicherer Absteiger neben den Freien Turnern aus Braunschweig fest.

Sicher ist, dass drei Mannschaften das Recht auf einen Aufstieg in die Regionalliga Nord haben: Der Meister der Oberliga Niedersachsen (beziehungsweise das in dieser Staffel am besten platzierte Team, das eine Regionalliga-Zulasung beim Norddeutschen Fußball-Verband beantragte und auch erhielt ‒ aller Voraussicht nach die SV Drochtersen/Assel) sowie die beiden bestplatzierten Teams aus der Aufstiegsrunde zur Regionalliga Nord steigen auf. An dieser Aufstiegsrunde kann jeweils ein Fünftligist aus dem Hamburger Fußball-Verband, dem Schleswig-Holsteinischen Fußball-Verband, dem Niedersächsischen Fußball-Verband und dem Bremer Fußball-Verband teilnehmen. Dabei handelt es sich um den jeweils bestplatzierten Hamburger Oberligisten, Schleswig-Holstein-Ligisten und Bremen-Ligisten sowie den zweitbesten niedersächsischen Oberligisten, die eine Regionalliga-Zulassung beantragten und auch erhielten. Sollte aus einer dieser Spielklassen kein Team teilnehmen wollen, würde es eine Dreier-Aufstiegsrunde geben. Sollte sich nur in zwei der genannten Ligen ein Aufstiegsanwärter finden, würde die Aufstiegsrunde entfallen. Bei noch weniger aufstiegsberechtigten Teams würde sich die Anzahl der Absteiger aus der Regionalliga entsprechend reduzieren (siehe unten aufgeführte Fall-Beispiele).

Allerdings gibt es noch zwei weitere Fragezeichen in der Auf- und Abstiegsregelung:

Erstens ist es fraglich, ob der Meister der Regionalliga Nord (beziehungsweise die am besten platzierte Mannschaft der Staffel, die beim Deutschen Fußball-Bund eine Drittliga-Lizenz beantragt und auch erhält) den Aufstieg in die Dritte Liga schafft. Der Vertreter des Nord-FV muss sich nämlich in zwei Aufstiegsspielen gegen einen anderen Viertligisten (den Meister beziehungsweise das beste aufstiegsberechtigte Team der Regionalliga West) behaupten. Aktuell würde der SV Werder Bremen II auf den VfL Borussia Mönchengladbach II treffen. Vor zwei Jahren setzte sich Holstein Kiel gegen Hessen Kassel durch, im Sommer 2014 scheiterte der VfL Wolfsburg II an der SG Sonnenhof Großaspach. Sollte dem Nord-Staffel-Vertreter in diesem Sommer der Sprung in die Dritte Liga gelingen, müsste eine Mannschaft weniger aus der Regionalliga Nord absteigen. In der Spielordnung des Nord-FV heißt es dazu: „Am Ende eines Meisterschaftsjahres steigen aus der Regionalliga Nord grundsätzlich die drei letztplatzierten Mannschaften ab. Wird die Staffelstärke unter Anrechnung der Absteiger und/oder durch den Aufstieg in die 3. Liga unterschritten, geht zunächst ein freier Platz an den ‚bestplatzierten‚ lizenzierten Absteiger; weitere freie Plätze gehen an die jeweils nächstbestplatzierte Mannschaft der Aufstiegsrunde.“

Zweitens müsste der FC St. Pauli II, der als Tabellen-Elfter mit sechs Punkten Vorsprung auf die Abstiegszone sportlich auf dem besten Weg zum Klassenerhalt ist, aus der Regionalliga Nord zwangabsteigen, wenn die Erste Mannschaft des Kiez-Klubs aus der Zweiten Bundesliga absteigt. Denn Zweitvertretungen von Drittligisten sind in der Regionalliga nicht zugelassen. „Zweite Mannschaften von Drittligisten, die ein anerkanntes Nachwuchsleistungszentrum unterhalten (Anmerkung der Redaktion: Der FC St. Pauli hat ein vom DFB anerkanntes Nachwuchsleistungszentrum), erfahren keine Sonderbehandlung“, hieß es dazu vom Nord-FV. Schon vor zwölf Jahren, als die St. Pauli-Profis im Sommer 2003 letztmals aus der Zweiten Liga in die Drittklassigkeit abstürzten, hatte ihre Reserve darunter gelitten: Als Meister der damaligen Oberliga Hamburg/Schleswig-Holstein durfte síe nicht in die alte Regionalliga Nord (damals noch dritthöchste Spielklasse) aufsteigen, weil ihre Erste Mannschaft in diese Liga abgestiegen war.

Positiv ist, dass in diesem Frühjahr keinem norddeutschen Drittligisten sportlich der Abstieg in die Regionalliga Nord droht: Holstein Kiel kann als Tabellen-Dritter sogar auf den Aufstieg in die Zweite Liga hoffen und der VfL Osnabrück hat als Rang-Elfter bereits elf Punkte Vorsprung auf den ersten Regelabstiegsplatz und kann somit nicht mehr sportlich absteigen. Dadurch kann sich die Zahl der Absteiger aus der Regionalliga Nord in diesem Jahr definitiv nicht auf vier erhöhen. Und selbst, wenn die Osnabrücker vom DFB keine Lizenz für die kommende Drittliga-Saison erhalten sollten (sie müssen, um die Zulassung zu bekommen, noch nachbessern) und deshalb in die Regionalliga zwangsabsteigen müssten, würde sich die Anzahl der Absteiger aus der Regionalliga nicht erhöhen: „Die Zahl der Absteiger erhöht sich zunächst nicht, wenn eine Mannschaft oder mehrere Mannschaften ohne Anrechnung auf die Zahl der Regelabsteiger ihrer bisherigen Spielklasse in eine der Ligen des NFV absteigen muss beziehungsweise müssen. Die Reduzierung auf die vorgebende Staffelstärke erfolgt erst im darauf folgenden Spieljahr durch eine entsprechende Erhöhung der Zahl der Absteiger aus der betroffenen Liga“, heißt es dazu in der Spielordnung des Nord-FV.


SportNord listet die verschiedenen Möglichkeiten in der Abstiegsfrage der Regionalliga Nord anhand von vier Fall-Beispielen auf.


FALL 1: Der Regionalliga-Nord-Meister steigt in die Dritte Liga auf, der FC St. Pauli schafft den Klassenerhalt in der Zweiten Bundesliga

Um die drei Regelaufsteiger aufnehmen zu können, müssen nur zwei Mannschaften aus der Regionalliga Nord absteigen. Sollten alle besser platzierten Mannschaften eine Zulassung erhalten, wären dies das Schlusslicht und der Vorletzte. Sollte es nur zwei aufstiegsberechtigte Mannschaften geben, müsste sogar nur ein Regionalligist (die FT Braunschweig) absteigen.


FALL 2: Der Regionalliga-Nord-Meister steigt in die Dritte Liga auf, der FC St. Pauli steigt aus der Zweiten Bundesliga ab

Um die drei Regelaufsteiger aufnehmen zu können, muss neben dem Zwangsabsteiger FC St. Pauli II nur eine Mannschaft sportlich aus der Regionalliga Nord absteigen. Dies wäre dies das Schlusslicht FT Braunschweig.


FALL 3: Der Regionalliga-Nord-Meister verpasst den Aufstieg in die Dritte Liga, der FC St. Pauli schafft den Klassenerhalt in der Zweiten Bundesliga

Um die drei Regelaufsteiger aufnehmen zu können, müssen drei Mannschaften aus der Regionalliga Nord absteigen. Sollten alle besser platzierten Mannschaften eine Zulassung erhalten, wären dies das Schlusslicht, der Vorletzte und der Drittletzte. Sollte es nur zwei aufstiegsberechtigte Mannschaften geben, müssten nur zwei Regionalligisten absteigen (im Regelfall der Vorletzte und sowie das Schlusslicht FT Braunschweig). Sollte es nur eine aufstiegsberechtigte Mannschaft geben, müsste sogar nur die FT Braunschweig absteigen.


FALL 4: Der Regionalliga-Nord-Meister verpasst den Aufstieg in die Dritte Liga, der FC St. Pauli steigt aus der Zweiten Bundesliga ab

Um die drei Regelaufsteiger aufnehmen zu können, müssen neben dem Zwangsabsteiger FC St. Pauli II zwei Mannschaften aus der Regionalliga Nord sportlich absteigen. Sollten alle besser platzierten Mannschaften eine Zulassung erhalten, wären dies das Schlusslicht FT Braunschweig und der Vorletzte. Sollte es nur zwei aufstiegsberechtigte Mannschaften geben, müsste neben der St. Pauli-Reserve nur die FT Braunschweig absteigen.


Abschließend sei noch erwähnt, dass, nachdem die Deutsche Fußball-Liga einem entsprechenden Antrag des Erstligisten TSV Bayer 04 Leverkusen im vergangenen Jahr zustimmte, die Profivereine seit dem Sommer 2014 nicht mehr zwingend ein U23-Team zum Spielbetrieb melden müssen. Neben den Leverkusenern selbst, die ihre U23 daraufhin sogleich aus der Regionalliga West abmelden, hat beispielsweise auch der Zweitligist FSV Frankfurt seine Zweite Herren-Mannschaft im vergangenen Sommer aus der Hessen-Liga zurückgezogen. Sollte nun ein Erst- oder Zweitligist aus dem Norden diesem Beispiel folgen und sein U23-Team für die kommende Saison nicht mehr für die Regionalliga melden, hätte(n) dieser Rückzug/diese Rückzüge eine weitere Verringerung der sportlichen Absteiger zur Folge.

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