
Im Sommer 2016 endet beim VfL Pinneberg eine Ära, nämlich die von Michael Fischer: Der Erfolgstrainer unterrichtete SportNord am Donnerstagvormittag davon, dass er mit dem Ende dieser Saison 2015/2016 als VfL-Trainer aufhören wird. „Diese Entscheidung habe ich bereits am Montagabend dem Verein und am Dienstag nach unserem Sieg im Oddset-Pokal-Spiel bei der SV Lieth der Mannschaft mitgeteilt“, so Fischer. VfL-Fußball-Vorstand Manfred Kirsch empfand es als „ungewöhnlich“, dass Fischer seine Entscheidung zu einem so frühen Zeitpunkt traf und bekanntgab. „Ich habe versucht, ihm zu erklären, weshalb ich diesen frühen Zeitpunkt ganz bewusst gewählt habe“, sagte Fischer dazu, und ließ nun auch die Öffentlichkeit an seinen Gedankengängen teilhaben: „Ich wollte dem Verein die Möglichkeit geben, ganz in Ruhe einen Nachfolger zu suchen. Es ist für einen Verein immer schwer, das Traineramt neu zu besetzen ‒ und bei einem Coach, der elf Jahre lang für diesen Verein tätig war, ist es noch schwerer als bei einem Trainer, der nur elf Monate da war ...“
Fakt ist: Auch, wenn die Saison 2015/2016 gerade erst angefangen hat, werden die Verantwortlichen an der Fahltsweide jetzt schon damit beginnen, für die Zeit nach Fischer zu planen. „Ich habe mir in der Sommerpause lange Gedanken gemacht“, sagte Fischer, der im Sommer 2005 das Traineramt beim VfL übernommen hatte und damit nun in sein elftes Jahr in der Kreisstadt geht. „Ich denke, elf Jahre sind eine lange Zeit ‒ nicht nur, wenn man den Hamburger SV mit seiner Fluktuation auf der Trainerbank als Gegenbeispiel sieht“, sagte Fischer lächelnd. Fischers Vorgänger Thomas Bliemeister war, mit einer anderthalbjährigen Unterbrechung, sogar 20 Jahre als Coach in Pinneberg tätig und konnte zusammen mit Manager Detlef Kebbe viel bewegen und große Erfolge feiern. „Sie haben mir große Fußstapfen hinterlassen ‒ aber ich denke, ich habe inzwischen auch meine eigenen Spuren im Sand hinterlassen“, sagte Fischer selbstbewusst.
Als Fischer seinen Vertrag beim VfL vor drei Jahren verlängerte, hatte Kirsch gesagt, er wisse, „dass Fischer irgendwann einmal eine neue Herausforderung brauchen wird“, aber zugleich die Hoffnung geäußert, „dass dies erst in hundert Jahren der Fall sein wird“. Dazu sagte der Langzeit-Trainer nun: „Ich habe mich im Frühjahr lange mit Thomas Titze unterhalten, der mir gegenüber seinen Abschied vom TSV Buchholz 08 auch damit begründete, dass er gefühlt von jedem Zuschauer die Telefonnummer hätte, jeden Grashalm kennen würde und sehr viele Spieler weiterentwickelt hätte. Dieses Gespräch hat mich nachdenklich gemacht ...“ Nun kam Fischer zu dem Schluss, dass der Sommer 2016 ein guter Zeitpunkt für den Abschied sei: „Ich gehe lieber jetzt, wo wir zuletzt zweimal Vierter geworden sind. Ich weiß zwar noch nicht, ob wir die aktuelle Spielzeit als Dritter oder Achter beenden ‒ aber ich bin überzeugt davon, ein bestelltes Feld zu übergeben: Der VfL ist gut aufgestellt und wird sich zwar vielleicht in gewissen Dingen neu aufstellen müssen, hat aber eine gute Perspektive!“
Auf die Frage, ob er im Sommer 2016 das Traineramt bei einem anderen Verein übernehmen wolle, entgegnete Fischer: „Ich könnte mir vorstellen, etwas Neues zu machen ‒ aber es müsste zu hundert Prozent passen. In den letzten Jahren habe ich von vielen Vereinsverantwortlichen gehört, dass sie durchaus Interesse an mir gehabt und mich angesprochen hätten, sie aber das Gefühl hatten, ich würde ,noch hundert Jahre beim VfL bleiben' ...“ Michael Fischers Frau würde es begrüßen, wenn ihr Mann eine Fußball-Pause einlegen würde: „Sie schlug schon vor, dass wir dann renovieren könnten ‒ aber da habe ich gleich dagegengehalten, dass wir erst vor zwei Jahren renoviert haben“, so Fischer, der zugab: „Momentan kann ich mir ein Leben ohne den Fußball nicht vorstellen ...“ Allerdings stellte der 47-Jährige auch klar: „Ich werde nicht auf Biegen und Brechen bei einem Verein einsteigen ‒ wenn ich ein Traineramt übernehme, muss ich dort auch etwas bewegen können!“
Dabei geht es Fischer keinesfalls darum, auf Gedeih und Verderb Meister zu werden und aufsteigen zu müssen: „Wenn ich, so wie aktuell mit dem VfL, in der Oberliga Hamburg wegen der TuS Dassendorf nicht Meister werden und, weil wir kein Flutlicht im Stadion haben, nicht aufsteigen kann, ist das absolut in Ordnung für mich. In der Oberliga die Plätze drei bis acht anzupeilen, ist eine gute Zielsetzung für uns. Aber ich bin kein Trainer dafür, um in der Kreisliga Zehnter zu werden ...“ Unter dem Strich wünscht sich Fischer auch bei seinem potentiellen zukünftigen Verein eine gute Perspektive: „Ich habe schon beim Wedeler TSV, mit dem ich erst den Aufstieg in die Verbandsliga und zwei Jahre später die Qualifikation für die damalige Oberliga Hamburg/Schleswig-Holstein geschafft habe, eine gewisse Nachhaltigkeit bewiesen. Das gleiche gilt jetzt für den VfL, wo wir mit den Ersten und Zweiten Herren sowie der A-Jugend sehr eng zusammengearbeitet und einen großen Zusammenhalt gehabt haben. Und ein Verein, der mich als Trainer holt, sollte wissen, dass ich mich nicht nur an den drei oder vier Trainingsabenden sowie beim Spiel am Wochenende, sondern auch darüber hinaus mit meiner Arbeit einbringen möchte!“
Kirsch äußerte Bedenken, dass die Pinneberger Mannschaft, nach dem früh feststehenden Abschied ihres Trainers, zukünftig unter einer abknickenden Formkurve leiden könnte. Diese Sorge teilt Fischer nicht: „Ich habe zehn Jahre und zwei Monate immer alles für den VfL gegeben und auch viel Vertrauen vom Verein bekommen, gerade auch nach dem Abstieg, nach dem wir dann ja auch zusammen wieder aufgestiegen sind. Ich werde mich auch in den letzten zehn Monaten mit großem Herzblut einbringen und alles geben ‒ und die Reaktionen meiner Spieler waren auch dahin gehend, dass wir zusammen einen positiven Abschluss schaffen wollen!“ Als Fischer seinen Schützlingen seine Entscheidung mitgeteilt hatte, war in Klein Nordende der Spruch ,Füreinander, Miteinander, jetzt erst Recht' zu hören. „Es hat auch keiner der Spieler geklatscht oder gejubelt“, sagte Fischer, der davon träumt, sich mit einem Titel aus der Fahltsweide zu verabschieden: „Mein Wunsch wäre es, dass wir den Oddset-Pokal gewinnen ‒ und ich dann für das DFB-Pokal-Spiel der kommenden Saison eine Tribünen-Freikarte bekomme ...“
Abschließend richtete Fischer noch einige Worte in Richtung seines potentiellen Nachfolgers: „Ich kann jedem Trainerkollegen, der ambitioniert arbeiten möchte, den VfL nur wärmstens empfehlen. Die Verantwortlichen stehen hinter ihrem Coach, der in Ruhe arbeiten kann ‒ das ist heutzutage leider keine Selbstverständlichkeit mehr!“