
(Foto-Credit: Johannes Speckner)
Tief in der Nachspielzeit wurde am Sonntag das Erstrunden-Duell des Holsten-Pokals zwischen Atlantik 97 II (Kreisliga 3) und dem ASV Hamburg II (Kreisliga 4) abgebrochen. Beim Stand von 2:1 für die ASV-Reserve, die im Mai als Vizemeister der A-Kreisklasse 4 den Durchmarsch in die Kreisliga perfekt gemacht hatte, brach Schiedsrichter Carsten Moll (TuS Hamburg) die Begegnung ab, weil er sich von einem ASV-Kicker bedroht fühlte. SportNord sprach am Montag mit beiden Trainern über die Geschehnisse:
Jaroslaw Rybin, Coach von Atlantik 97 II, erklärte:
„Vor der gegnerischen Trainerbank gab es Meinungsverschiedenheiten mit dem Schiedsrichter. Nachdem ein Spieler des ASV die Rote Karte bekommen hat, hat er den Schiedsrichter wohl beleidigt beziehungsweise ihm Gewalt angedroht. Von uns hat keiner gehört, was genau gesagt worden ist. Derjenige, der sich mit dem Referee gestritten hat, hat mir gegenüber später erklärt, dass er eigentlich nur nachgefragt habe, warum es eine so lange Nachspielzeit gibt. Zum Zeitpunkt des Abbruches stand es 2:1 für den ASV, der in der 83. Minute bereits eine Rote Karte kassiert hatte, und es waren noch rund drei Minuten zu spielen.
Wir hatten vorher schon einen Elfmeter verschossen. Sollten wir jetzt vom Hamburger Fußball-Verband zum Sieger erklärt werden, würden wir das natürlich mitnehmen. Aber wir haben das Pokalspiel vornehmlich als weiteres Testspiel betrachtet – unser Fokus liegt ganz klar auf der Kreisliga. Dort wollen wir, nachdem wir in der letzten Saison eine wirklich gute Rückrunde gespielt haben, oben angreifen und unter die Top-Fünf kommen. Unsere erste Mannschaft hat sehr viele junge Talente geholt, die vielleicht mitunter auch etwas Spielzeit bei uns bekommen werden. Aber wir haben auch selbst einen großen Kader.“
Ehsan Ahmadi, der zusammen mit Tim Siegmund den ASV Hamburg II trainiert, berichtete:
„Vor dem Anpfiff, als ich noch eine Frage zur Spielordnung hatte, konnten wir noch gut reden mit dem Schiedsrichter – und in der ersten Halbzeit hat er auch wirklich gut gepfiffen. Mit fortlaufender Spielzeit hat er aber sehr viele Fehlentscheidungen getroffen. So wurde etwa ein Treffer von uns, der das 3:1 gewesen wäre, aberkannt. Unsere Spieler hatten das Tor schon ausgiebig bejubelt, als der Schiedsrichter-Assistent seine Fahne doch noch hochgenommen hat. Auch, weil der Schiedsrichter in den letzten Minuten sehr viele Karten gezückt hat, wurde es am Ende sehr hitzig. Da hätte der Referee wirklich einige Dinge anders pfeifen können, denn es war definitiv nicht jedes Vergehen, das er geahndet hat, verwarnungswürdig.
In der 93. Minute entschied der Schiedsrichter auf Elfmeter für Atlantik. Aus unserer Sicht war es erstens kein Foul von uns und zweitens fand die Aktion deutlich vor dem Strafraum statt, was mir auch einige neutrale Beobachter – unter anderem ein Schiedsrichter, der ein darauf folgendes Spiel pfiff – bestätigt haben. Diesen Strafstoß hat unser Torwart gehalten, wodurch wir weiterhin knapp in Führung lagen. Als wir auf meiner Uhr schon bei rund zehn Minuten Nachspielzeit waren – der Schiedsrichter war der Meinung, dass die 96. Minute lief, und selbst das wäre eine unberechtigt lange Extraspielzeit gewesen –, hat er eine erneute Fehlentscheidung gegen uns getroffen.
Darüber hat sich unser Co-Trainer, der vor unserer Ersatzbank stand, sehr lautstark aufgeregt über die lange Nachspielzeit. Daraufhin kam der Schiedsrichter zu unserer Bank gelaufen und hat ihm die Rote Karte gezeigt. Leider hat sich unser Co-Trainer dann auf eine Diskussion mit dem Referee eingelassen und es kam zu einem Wortgefecht, bis ich ihn weggezogen und dem Schiedsrichter gesagt habe: ‚Ich kläre das.‘ Aber dann hat der Schiedsrichter das Spiel abgebrochen und dies damit begründet, dass unser Co-Trainer gesagt habe: ‚Ich boxe dich.‘ Ich möchte ganz klar betonen, dass ich das nicht gehört habe und mir auch ganz sicher bin, dass unser Co-Trainer das nicht gesagt hat.
Ja, unser Co-Trainer hat sich sehr laut aufgeregt – er war dabei leicht aggressiv und seine Tonlage war wirklich nicht in Ordnung. Aber Emotionen gehören doch zum Fußball dazu und es bestand definitiv zu keiner Zeit eine Gefahr für den Schiedsrichter. Er hätte die Partie kurz unterbrechen und dann die wenigen Sekunden, die seiner Meinung nach noch offen waren, zu Ende spielen lassen können. Wir kannten den Schiedsrichter vorher nicht, er hatte in der Vergangenheit noch nie ein Spiel von uns geleitet. Ich weiß nicht, ob er unbedingt wollte, dass Atlantik noch den Ausgleich macht, und als das nicht geklappt hat, der Abbruch die einzige Möglichkeit war, uns zum Verlierer zu machen?
Nach dem Abbruch bin ich noch einmal in die Kabine des Schiedsrichters gegangen, auch dort ließ er ein Gespräch zu. Aber leider war er nicht dazu bereit, die letzten Sekunden noch herunterspielen zu lassen. Da hätte ich mir auch von Seiten des Gegners etwas Größe gewünscht: Es wäre fair von Atlantik gewesen, wenn sie gesagt hätten: ‚Die letzten Sekunden sind geschenkt – der ASV hat geführt und soll die zweite Runde erreichen.‘ Nun wird leider das Sportgericht über die Spielwertung entscheiden müssen. Wir nehmen den Holsten-Pokal ernst: Wir haben bewusst für diesen Wettbewerb gemeldet und das als Pflichtspiel angesehen, das wir gewinnen wollen, um uns in den folgenden Runden mit klassenhöheren Gegnern messen zu dürfen.“
(Johannes Speckner)