Ob es am DFB-Pokal im TV als Konkurrenzprogramm lag? Leider kamen am Dienstagabend nur 170 zahlende Zuschauer zum Topspiel des Lotto-Pokal-Achtelfinals zwischen dem SC Victoria Hamburg und der TuS Dassendorf. Die Partie hätte, das sei vorweg genommen, definitiv mehr Besucher verdient gehabt. 39 Tage, nachdem sich die Mannschaften ebenfalls im Stadion Hoheluft im Kampf um Oberliga-Punkte mit einem 2:2-Unentschieden getrennt hatten, behauptete sich "Vicky" mit 3:1 und erreichte das Viertelfinale.
Obwohl es für die Dassendorfer schon vor dem Anpfiff eine Hiobsbotschaft gab - ihr Torjäger und Ex-Profi Martin Harnik verletzte sich beim Warmmachen und musste passen -, gingen sie früh in Front: Julian von Haacke köpfte einen Eckstoß von Okan Kurt freistehend zum 0:1 ein, als noch die dritte Minute lief. "Danach haben wir es leider verpasst, das zweite Tor nachzulegen", klagte TuS-Trainer Thomas Seeliger, was angesichts der Überlegenheit seiner Elf in der Anfangsphase und weiteren Abschlüssen eine verständliche Sichtweise war. Statt 0:2 hieß es dann in der 37. Minute plötzlich 1:1. Einen langen Einwurf konnten die Gäste nicht klären, ehe Kerim Carolus den Ball im eigenen Strafraum mit seinem Arm berührte. Schiedsrichter Andre Becker (von Grün-Weiß Eimsbüttel) entschied auf Handelfmeter, den der Ex-Dassendorfer Dennis Bergmann sicher verwandelte.
Nach der Pause wogte die Partie hin und her. Nach einem schönen Spielzug hatte Jordan Brown die erneute Gäste-Führung auf dem Fuß, scheiterte aber am stark reagierenden SCV-Keeper Hendrik Rabe (58. Minute). In der Folge forderte Victorias Co-Trainer Daniel Lopez seine Schützlinge immer wieder auf: "Wir brauchen Ballbesitz, haltet den Ball länger." Wenn die Hausherren das Spielgerät hatten, brachten sie die favorisierten Dassendorfer durchaus in Schwierigkeiten. So auch in der 68. Minute, als der bereits mit "Gelb" vorbelastete Kerim Carolos den mit Tempo auf die TuS-Abwehrkette zustürmenden Luca David Ernst von hinten kommend niederrang und Glück hatte, dafür nicht die Gelb-Rote Karte zu sehen. Den fälligen Freistoß jagte SCV-Kapitän Brian Jungjohann von halblinks aus 25 Metern wuchtig auf den rechten Winkel - TuS-Torwart Christian Gruhne parierte stark auf Kosten eines Eckstoßes.
Kurz darauf zog Becker den Zorn der Victorianer auf sich, als er Luca Pelzer für dessen taktisches Foul direkt vor der SCV-Bank "Gelb" zeigte, was die Verantwortliche wie Spieler der Heim-Elf mit Verweis auf die ausgebliebene Ampelkarte gegen Kerim Carolus erzürnte. Der Ärger bei den Blau-Gelben wich grenzenlosem Jubel, als in der 76. Minute die Führung gelang: Nach einer starken Einzelaktion von Ralf Adam, der den SC Victoria mit seinem Siegtreffer im Viertrunden-Auftritt beim FC Union Tornesch überhaupt erst ins Achtelfinale geschossen hatte, und mehreren misslungenen Klärungsversuchen der Gäste gelangte der Ball zu Bergmann, der aus 15 Metern gegen Kerim Carolus flach links einschoss - 2:1. In der Folge warfen das Team vom Wendelweg alles nach vorne. Kurz vor dem Ablauf der regulären Spielzeit lag einmal der Ausgleich in der Luft, aber an einem Freistoß, den der frühere Victorianer Len Aike Strömer von halbrechts hereingeschlagen hatte, sprang Kurt am langen Pfosten vorbei.
In der fünfminütigen Nachspielzeit erspielten sich die Dassendorfer zwar keine weitere Torchance mehr, wohl aber noch zwei Eckstößen, bei denen auch Gruhne mit in den SCV-Strafraum lief - und einmal sogar an den Ball kam. Bei der zweiten der besagten Ecken konnte die Heim-Elf aber einen langen Befreiungsschlag durchführen, den Paul Fröhlich links an der Mittellinie gegen Marvin Büyüksakarya behauptete und, weil auch die zurückeilenden TuS-Akteure Erciyes Palo und Sven Möller nicht mehr eingreifen konnten, zum 3:1 in das verwaiste Gehäuse vollendete. Obwohl erst gut vier Minuten der angezeigten Extraspielzeit abgelaufen waren, erfolgte anschließend sofort der Abpfiff von Becker, der im Jubel von "Vicky" unterging: Der Traun von "Finale dahoam" lebt im Stadion Hoheluft!
(Johannes Speckner)