Kreisliga 8: Heidgraben gewinnt dramatisches „Finale“


Aus seinem Herzen machte Ove Hinrichsen keine Mördergrube: „So schlecht kann es der Fußball-Gott doch gar nicht mit uns meinen“, entgegnete der Trainer auf die Frage, was er gedacht habe, als sein Heidgrabener SV am Sonntag in der 91. Minute des „Endspiels“ um die Meisterschaft in der Kreisliga 8 den 1:1-Ausgleich kassierte. Dieses Ergebnis hätte dem TuS Hemdingen-Bilsen zur Verteidigung der Tabellenspitze und somit auch zum Aufstieg in die Bezirksliga genügt. Aber die Partie war noch nicht vorbei: In der 93. Minute erzielte der „kleine HSV“ das 1:2, das bis zum Abpfiff, der erst nach einer siebeneinhalb-minütigen Nachspielzeit erfolgte, Bestand hatte.

Die Kulisse für das „Finale“, zu dem es am letzten Spieltag der Kreisliga 8 kam, war prächtig: Insgesamt weilten wohl mehr als 600 Zuschauer auf der Anlage ‒ darunter auch zahlreiche Anhänger der Heidgrabener, die mit zwei Punkten Rückstand als Rang-Zweiter beim Spitzenreiter vorstellig wurden. Es dauerte aber gerade einmal 16 Minuten, bis die beiden Teams in der „Blitz-Tabelle“ die Plätze tauschten, weil die Gäste in Führung gingen: Nach einem Pass von Timo Badermann versprang Philippe Schümann der Ball zunächst noch, weshalb er nicht alleine auf das TuS-Tor zusteuern konnte. Doch Schümann umkurvte daraufhin zwei Hemdinger Verteidiger und schoss dann zum 0:1 in den rechten Winkel ein. Dies war für die Hausherren, denen ein Unentschieden zur Verteidigung der Tabellenspitze genügt hätte, insofern ärgerlich, als dass sie bis dahin keine einzige Heidgrabener Torchance zugelassen hatten.

„Nach einem guten Beginn haben wir nach 25 Minuten komplett den Faden verloren“, so Hinrichsen, der zudem zugab, dass die Hemdinger „immer stärker geworden“ seien. In der Nachspielzeit der ersten Halbzeit hatte die Heim-Elf Pech, dass ein Schuss vom Innenpfosten parallel zu der Torlinie entlang rollte und dann neben dem anderen Pfosten in das Tor-Aus ging. Kurz nach dem Seitenwechsel sah der Heidgrabener Dennis Lebedinski „Gelb-Rot“, was laut Hinrichsen zwar „vertretbar war“ ‒ allerdings hätte sich der Coach „eine letzte Ermahnung“ von Schiedsrichter Andreas Voß (VfL Pinneberg) gewünscht. Fakt ist: Die Heidgrabener waren in Unterzahl und der Druck der Heim-Elf wurde immer größer. Trotzdem hätte das 0:2 fallen können, als die Hemdinger einen Eckstoß von Timo Badermann nicht weit genug klärten und ein Nachschuss von Björn Spriestersbach am Außenpfosten landete (59.).

Auf der Gegenseite trafen die Hemdinger erneut den Innenpfosten (64.) und scheiterten mehrmals am starken Gäste-Keeper Krystof Barth. Zudem hatten sie Pech, dass Voß ein Handspiel von HSV-Verteidiger Daniel Burmester im eigenen Strafraum übersah (82.). Auf der Gegenseite hatte Philippe Schümann freie Bahn, wurde aber wohl fälschlicherweise wegen Abseits zurückgepfiffen (85.). In der Nachspielzeit erreichte die Dramaturgie dann ihren Höhepunkt: Zunächst kam der Hemdinger Thorben Mohr von rechts gegen Jan-Philip Bätz zum Flanken und weil HSV-Kapitän Fabian Doell fälschlicherweise auf einen kurz kommenden Ball spekuliert hatte, konnte Helge Lohmann via linkem Innenpfosten zum 1:1 einköpfen (91.). Während auch alle Hemdinger Ersatzspieler zur gegenüber von ihrer Bank liegenden „Fankurve“ liefen und diesen Treffer frenetisch bejubelten, zogen sich einige Gäste-Spieler entsetzt ihr Trikot über den Kopf ‒ doch die Partie war noch nicht vorbei.

Direkt nach dem Anstoß holte der Heidgrabener Christoph Kramer im Mittelfeld in einem „Ringkampf“ mit Yannic Sichting einen Freistoß heraus und führte diesen sofort aus; Spriestersbachs Diagonalpass von der rechten Seite flog über den Scheitel eines TuS-Verteidigers hinweg und landete genau bei Philippe Schümann, der von halblinks aus zum 1:2 in das lange Eck einschoss. Nun rannten alle Heidgrabener Ersatzspieler auf das Feld, um diesen Treffer vor ihren Anhängern ausgelassen zu bejubeln. Aber noch immer war die Begegnung nicht vorbei: Die Hausherren warfen mit dem Mute der Verzweiflung noch einmal alles nach vorne und kamen neben einer Rechtsflanke, die verpuffte, auch noch einmal zu einem aussichtsreichen Freistoß. Diesen setzte der eingewechselte Kevin Joel Gibau aber nur in die Heidgrabener Abwehrmauer und kurz darauf erfolgte der Abpfiff (97.). Nach einem kurzen Jubelsprung lief Hinrichsen übrigens sofort zu TuS-Trainer Patrick Kinastowski, um ihm die Hand zu schütteln und ein paar aufmunternde Worte zuzusprechen ‒ erst danach feierte er mit seinem Team.

Im Siegestaumel der Heidgrabener, die zwei Jahre nach ihrem knappen Scheitern (SportNord berichtete, siehe unten stehenden Link) nun erstmals überhaupt in die Bezirksliga aufsteigen, kam es leider noch zu einem unschönen Nachspiel. Zwei Anhänger des „kleinen HSV“, die der Redaktion namentlich bekannt sind und keine offizielle Funktion beim Heidgrabener SV innehaben, entzündeten ein bengalisches Feuer. Der Stadionsprecher forderte sie daraufhin auf, dieses zu unterlassen, was aber nicht geschah; deshalb erstatteten die TuS-Verantwortlichen, die offensichtlich Angst um die Unversehrtheit ihrer Werbebanden und des Rasens, der bei der derzeitigen Hitze schnell in Flammen aufgehen kann, hatten, eine Anzeige. Da die Hemdinger schon vor der Partie, als erstmals von einigen mitgereisten Gäste-Anhängern gezündelt worden war, bei der Polizei angerufen hatten, verfolgten zwei Ordnungshüter die Partie. Eine Polizeibeamtin führte nach dem Vorfall bei der Siegesfeier auch eine Rucksack-Kontrolle durch. Hinrichsen nannte es „sehr bedauerlich“, dass es zu diesem „unschönen Vorfall“ gekommen sei. Der Erfolgscoach, der zwei Tage vor dem Aufstieg seinen 47. Geburtstag gefeiert hatte, ergänzte: „Ich bin kein Freund von Pyro-Technik, die definitiv beim Fußball nichts zu suchen hat.“ Allerdings wies Hinrichsen auch darauf hin, dass das Feuer „zwischen den Trainerbänken und auf der dem Zuschauer-Bereich gegenüber liegenden Seite gezündet worden“ sei, so dass „keine Menschen in Gefahr gebracht worden“ wären.

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