
An vielen Rudolf-Steiner-Schulen wird Fußball nicht gerne gesehen. Gegen diesen Trend setzte Andrew Langenbacher, dessen Töchter auch die Waldorfschule besuchten, ein Zeichen: Er gründete einen „Waldorf-Kick“. „In der Rissener Kiesgrube haben wir viele Spiele, meistens Väter gegen Kinder, ausgetragen“, erinnert sich Langenbacher, der vom Januar 2010 bis zum Juli 2012 auch als Liga-Trainer bei der SV Blankenese II tätig war und das Team in diesem Zeitraum zum Aufstieg aus der Kreisliga in die Kreisklasse führte (SportNord berichtete, siehe unten stehenden Link). Nun hat Langenbacher ein neues interessantes Projekt gestartet: Er bietet regelmäßig Fußball-Training für Asylbewerber an. „Bei unseren Fußball-Einheiten steht ganz klar die Freude am Sport im Vordergrund“, so Langenbacher, der festgestellt hat: „Für diese Menschen ist das Fußballspielen ein zentraler Punkt in ihrer Woche!“
Als Langenbacher an Heiligabend die Asylbewerber in deren Unterkunft, dem „Pavillon-Dorf Sieversstücken“ in Sülldorf, besuchte, überbrachte er ihnen ein ganz besonderes Weihnachtsgeschenk: „Ich habe ihnen gesagt, dass wir zur Saison 2015/2016 eine Fußball-Mannschaft melden werden, mit der wir in der Kreisklasse an den Start gehen“, so Langenbacher, der dafür ein Tableau mit den Hamburger Amateur-Spielklassen mitgebracht hatte: „Daran habe ich ihnen gezeigt, dass wir erst einmal ganz unten anfangen, aber natürlich versuchen wollen, zumindest um ein, zwei Klassen nach oben zu klettern ...“ Die Asylbewerber, von denen die meisten aus Afghanistan kommen, reagierten begeistert: „Ich wurde dann unter anderem gefragt, ob wir eine ,richtige Mannschaft, die in einheitlichen Trikots spielt', sein würden“, erinnert sich Langenbacher an jenen 24. Dezember 2014 zurück.
Auf der Suche nach einem Verein, der sein neues Team aufnimmt, wandte sich Langenbacher zusammen mit Werner Möllmann, der schon bei der SVB-Reserve sein Co-Trainer war, an den TuS Osdorf, für den er einst selbst aktiv war, und dessen Vorsitzenden Nico Krause er gut kennt. „Krause war sofort begeistert von dieser Idee“, so Langenbacher, der präzisierte: „Wir wollen keine reine Mannschaft von Asylbewerbern aufbauen, sondern Integrationsarbeit leisten.“ Deshalb wird es so sein, dass für die zukünftige Drittn Herren-Mannschaft des TuS Osdorf neben rund zwei Dritteln Asylbewerbern auch Spieler, die bereits im Hamburger Amateurbereich gekickt haben, auflaufen werden. Aktuell trainiert Langenbacher mit zumeist 25 Spielern (Langenbacher: „Bei welchem Amateur-Team gibt es eine so hohe Trainingsbeteiligung?“) an der Blankeneser Simrockstraße ‒ und freut sich, dass in diesem Sommer auch am Blomkamp, wo aktuell noch auf Grand gekickt wird, ein Kunstrasenplatz entstehen wird: „Das ist eine feine Sache!“
Langenbacher ist sich bewusst, dass seine Mannschaft mancherorts zunächst einmal argwöhnisch beäugt werden wird: „Wir werden als Ausländer-Mannschaft gelten, über die viele die Augen verdrehen werden ‒ deshalb haben wir den klaren Auftrag, uns auf dem Platz ganz besonders gut zu benehmen!“ Langenbacher machte bereits die Erfahrung, dass es, nachdem die ersten Fußball-Einheiten absolut harmonisch verliefen, zuletzt „einige kleine emotionale Ausbrüche gab“, wie er selbst es ausdrückte. „Die Disziplin wird bei uns aber großgeschrieben“, versprach Langenbacher, der vom sportlichen Können seiner Schützlinge überzeugt ist: „Die meisten von ihnen könnten mindestens in der Kreisliga spielen!“ Nun fiebert Langenbacher der kommenden Saison entgegen und hofft, dass auch die Integrations-Arbeit Früchte trägt: „Natürlich wünschen wir uns, dass wir mit dem Fußball die Menschen verbinden und dabei mithelfen können, dass möglichst viele der Asylbewerber Arbeitsplätze und eigene Wohnungen finden!“