Kreisliga 1: Vorwärts-Trainer traurig nach Abbruch


Am Dienstagabend wurde in der Kreisliga 1 das seit dem 19. Spieltag offene Spitzen-Derby zwischen Rot Weiss Wilhelmsburg (dritter Platz, 45 Punkte) und dem SV Vorwärts 93 Ost (vierter Rang, 42 Zähler) nachgeholt ‒ und in der 89. Minute beim Stand von 2:3 abgebrochen. Anschließend musste, nachdem Schiedsrichter Aziz Inan (vom FC Türkiye) mehrmals körperlich attackiert wurde, sogar die Polizei gerufen werden, die mit mehreren Wagen an den Rotenhäuser Damm kam.

Zum Sportlichen: Auf dem Grandplatz hatte Silvano Weiss das Vorwärts-Team mit einem verwandelten Handelfmeter in Führung gebracht. Nach der Pause egalisierten die Hausherren ebenfalls per Handelfmeter zum 1:1. Als Vorwärts-Akteur Besir Kasami im RWW-Strafraum gefoult worden war, nutzte Yosef Mustafa den dritten Strafstoß des Tages zum 1:2. Den erneuten Ausgleich der Wilhelmsburger beantwortete abermals Vorwärts-Torjäger Mostafa in der 89. Minute mit dem 2:3. In der Folge kam es zu einer Roten Karte, unschönen Szenen ‒ und Referee Inan brach die Partie schließlich ab.


Vorwärts-Trainer Mario Weiss schilderte im Gespräch mit SportNord seine Sicht der Geschehnisse:

„In der 89. Minute haben wir das 3:2 geschossen, worüber wir uns natürlich riesig gefreut haben, weil es nach einem sehr dramatischen und von beiden Teams emotional geführten Derby der vermeintliche Siegtreffer war. Aber aus dieser Freude ist schnell Entsetzen geworden. Zunächst lief ein Spieler von Rot Weiss zum Schiedsrichter-Assistenten, der auf der den Trainerbänken gegenüberliegenden Seite stand, und hat sich offensichtlich vehement wegen einer angeblichen Abseitsstellung unseres Torschützen beschwert. Dafür bekam er die Rote Karte. Was dann passiert ist, konnte ich aufgrund der großen Entfernung nicht genau sehen. Mir wurde aber berichtet, dass der Schiedsrichter geschlagen worden ist ‒ und zwar mehrmals sowie von mehreren Personen. Ob dies Spieler oder Zuschauer von Rot Weiss Wilhelmsburg waren, entzieht sich meiner Kenntnis, und ich möchte hier auch niemanden für etwas beschuldigen, was ich selbst nicht gesehen habe.

Der Trainer von Rot Weiss, David Berwecke, sagte wörtlich zu mir, als wir zusammen an der Mittellinie standen: ,Wir gehen da jetzt nicht hin, das ist einfach nur noch asozial!' Dass diese Situation nach der Roten Karte so eskaliert ist, hat mich fassungslos und traurig gemacht. Das Spiel selbst war dramatisch und auf einem sehr hohen Kreisliga-Niveau: Es ging knallhart, aber jederzeit fair zu. Dass es dann trotzdem einen Spielabbruch gegeben hat, war einfach nur sehr, sehr schade. In unserer Kabine herrschte betretenes Schweigen und ich bin nicht nur traurig nachhause gegangen, sondern konnte in der letzten Nacht auch fast gar nicht schlafen.

David Berwecke und der Erste Vorsitzende von Rot Weiss, Ahmet Kilic, tun mir leid. Herr Kilic hat in der Vergangenheit jede Menge Geld und Herzblut in den Verein sowie die Mannschaft gesteckt, und dann muss er so etwas miterleben. Ich bin selbst kein Kind von Traurigkeit ‒ aber alle Beteiligten sollten wissen, wo die Grenzen sind, und die sind in diesem Fall überschritten worden. Die Proteste des Spielers, der die Rote Karte gesehen hat, waren außerdem auch noch absolut unbegründet: Unser Tor zum 3:2 wurde, das bestätigten mir zahlreiche Zuschauer, nicht aus einer Abseitsposition heraus erzielt. Und der Schiedsrichter hat meiner Meinung nach und neutral betrachtet wirklich hervorragend gepfiffen: Er war ein souveräner, fairer und korrekter Spielleiter, der kein Team bevorteilt oder benachteiligt hat, sondern uns genau so wie Rot Weiss behandelt hat. Beide Teams haben jeweils einen Handelfmeter bekommen ‒ ob sie berechtigt waren, entzieht sich meiner Kenntnis.

Das allerschlimmste an der Geschichte ist, dass sich nicht nur die Spieler von Rot Weiss und unsere Spieler sehr gut kennen, sondern die Akteure beider Teams auch mit dem Schiedsrichter bestens bekannt sind. Teilweise sind sie zusammen aufgewachsen, sind zusammen zur Schule gegangen und teilweise noch heute Nachbarn; auch viele ihrer Eltern kennen sich gut. Was jetzt vor dem Sportgericht des Hamburger Fußball-Verbande kommen wird, weiß ich nicht. Ganz ehrlich: Ich bin einfach nur traurig über das, was da am Dienstagabend passiert ist.“

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