
(Foto-Credit: Johannes Speckner)
In den 25 Saisonspielen, die er absolvieren konnte, hatte der SVS Mesopotamien 17 Siege und zwei Unentschieden erreicht, was ihm den vierten Tabellenplatz bescherte. Zu den letzten drei Partien durfte „Meso“ nicht mehr antreten, weil das Sportgericht des Hamburger Fußball-Verbandes den Verein zum Zwangsabstieg verurteilt hatte, nachdem er am 6. April im Auftritt beim FK Nikola Tesla II zum zweiten Mal in dieser Saison einen Spielabbruch „schuldhaft verursacht“ hatte. Und dieses Urteil bestätigte nun das HFV-Verbandsgericht, indem es den Einspruch der SVS-Verantwortlichen abschmetterte – womit der Zwangsabstieg des Klubs in die Kreisklasse besiegelt ist.
„Das ist nicht nur bitter, sondern in meinen Augen ein Skandal“, sagte SVS-Coach Michel Aydogdu, der im Gespräch mit SportNord präzisierte: „Das Verbandsgericht hat uns geglaubt, dass unser Kapitän vom Schiedsrichter rassistisch beleidigt worden ist – hat aber auch festgestellt, dass uns die nicht das Recht geben würde, den Platz zu verlassen und ein Spiel eigenmächtig zu beenden.“ Somit blieb es beim „schuldhaft verursachten Spielabbruch“, was für die Kicker von „Meso“ den Ausschluss vom Spielbetrieb bedeutete, weil zuvor am 15. November 2024 bereits ihr Auftritt beim FTSV Altenwerder II nach unschönen Szenen abgebrochen und das SVS-Team vom HFV-Sportgericht zum 0:3-Verlierer erklärt worden war.
„Das ist in meinen Augen ein Skandal – die Satzung des HFV ist unmenschlich“, klagte Aydogdu: „Ich bin zutiefst schockiert, dass der Verband immer wieder propagiert, es dürfe keinen Rassismus geben – aber dann, wenn einer seiner Schiedsrichter sich derartig daneben benimmt, den Verein, dessen Spieler rassistisch beleidigt worden ist, dafür bestraft.“ Die vom Verbandsgericht eingeräumte Möglichkeit, über den Vorfall und den Schiedsrichter einen Sonderbericht zu verfassen, werde sein Verein „auf jeden Fall nutzen“, versicherte Aydogdu: „So können wir hoffentlich zumindest dazu beitragen, dass dieser Schiedsrichter sich in Zukunft keine rassistischen Ausfälle mehr erlauben kann.“
Dass der Unparteiische vom HFV nicht vor das Verbandsgericht geladen worden war, „obwohl wir ausdrücklich darum gebeten hatten“, wie Aydogdu betonte, habe er als „sehr bedauerlich“ empfunden. Ausnahmslos lobende Worte fand der SVS-Trainer für das Verhalten der Verantwortlichen von Nikola Tesla: „Sie haben zwar den rassistischen Vorfall nicht mitbekommen, weil der Schiedsrichter diese Worte direkt zu unserem Kapitän gesagt hat – aber sie haben bestätigt, dass der Referee von der ersten Sekunde an parteiisch gepfiffen hat.“ Zudem hätten die Tesla-Offiziellen „in Richtung des Verbandsgerichts festgestellt, dass das Urteil, das sie gerade gegen Mesopotamien treffen würden, ‚wirklich hart‘ sei“, so Aydogdu.
Der Übungsleiter verteidigte seine am 6. April getroffene Entscheidung, sein Team vom Feld zu beordern: „Wir haben damit Menschlichkeit gezeigt und unserem Kapitän beigestanden – das kann nicht falsch sein, auch wenn der Verband uns jetzt im Stich lässt und dafür bestraft.“ Er würde „diese Entscheidung jederzeit wieder so treffen“, beteuerte Aydogdu: „Das Motto, dass für Rassismus kein Platz sein darf, wird vielerorts, auch vom Verband, gepredigt – wir erfüllen es im Gegensatz zum HFV auch mit Leben.“
Weitere Rechtsmittel gegen ihren Ausschluss vom Spielbetrieb sind für den SVS Mesopotamien nicht gegeben. „Damit ist es nun amtlich, dass wir in der kommenden Saison in der Kreisklasse einen Neustart vornehmen müssen“, so Aydogdu, der haderte: „Eigentlich wollten wir in der nächsten Serie den Aufstieg in die Bezirksliga anpeilen.“ Denn dadurch, dass es lediglich zwei Abgänge gibt und schon fünf starke Neuzugänge feststehen, habe er „ein richtig gutes Team zusammen“, so Aydogdu. Erfreulich aus SVS-Sicht: Alle Spieler des bisherigen Kaders und auch die Neuzugänge versicherten bereits, dem Verein auch in der Kreisklasse die Treue zu halten. „Das einzig Gute an der ganzen Geschichte ist, dass unsere Mannschaft trotzdem zusammenbleibt“, erklärte Aydogdu.
Dass es aufgrund des Wegfalls der B-Kreisklassen in der kommenden Saison deutlich mehr Kreisklassen-Staffeln geben wird, aus denen im Mai 2026 nur die Meister sicher in die Kreisliga aufsteigen werden, bereitet Aydogdu keinerlei Sorgen: „Unser Anspruch an uns selbst ist ganz klar, Meister zu werden und direkt wieder aufzusteigen“, so der Trainer, der versicherte: „Dafür werden wir uns gut vorbereiten und jeden Gegner in der Kreisklasse ernst nehmen.“ Der SVS Mesopotamien werde „stärker zurückkommen“, versicherte Aydogdu, der den Zwangsabstieg aber trotzdem „einen herben Rückschlag“ nannte: „Wir verlieren dadurch ein Jahr.“
Auch interessant: Das sind die Folgen des Ausschlusses und Zwangsabstieg des SVS Mesopotamien
(Johannes Speckner)