Kreisliga 1: Fader Beigeschmack nach 0:3-Urteil


Die Partie des 15. Spieltages der Kreisliga 1 zwischen Rot Weiss Wilhelmsburg II und dem Harburger SC II, die am Sonntag, 11. November beim Stand von 0:0 nach rund einer Stunde abgebrochen worden war (SportNord berichtete, siehe unten stehenden Link), wurde nun vom Sportgericht des Hamburger Fußball-Verbandes mit 0:3 gewertet. „Wegen schuldhaft verursachten Spielabbruchs“ wurden die Rot-Weißen zudem mit einer Geldstrafe von 150 Euro belegt.

„Die Verhandlung war sehr kurios“, so RWW-Coach Gunnar Mahncke, der auf Nachfrage von SportNord präzisierte: „Der Schiedsrichter sagte auf einmal, er habe sich bei der fraglichen Szene von seinem Assistenten abgewendet und nicht gesehen, dass er geschlagen worden sei – dabei steht in seinem Spielbericht etwas ganz anderes, dort ist sogar von einer ‚Rudel-Bildung‘, die es definitiv nicht gab, die Rede. Daran wollte sich der Schiedsrichter nun plötzlich nicht mehr erinnern. Dabei haben sowohl die Verantwortlichen des HSC als auch wir ganz klar gesehen, dass der Referee sich in dieser Szene nicht, wie er nun behauptet, umgedreht hat, sondern beste Sicht auf alle Geschehnisse hatte!“ Auch in der „Abstandsmessung“, sonst nur bekannt von Polizeikontrollen auf der Autobahn, gab es unterschiedliche Wahrnehmungen: „Als es zum Abbruch kam und das Gespann in die Kabine ging, war noch die Rede davon, dass unser Spieler drei bis vier Zentimeter vor dem Schiedsrichter-Assistenten stand, bevor er ihn mit der Faust geschlagen haben soll ... Als der Assistent nun bei der Verhandlung noch einmal nach der Entfernung gefragt wurde, sprach er plötzlich von ‚vier bis fünf Metern – da fragt man sich doch, wie über so eine Distanz ein Faustschlag möglich sein soll“, so Mahncke ironisch.

Auch das Auftreten des Schiedsrichter-Assistenten, dessen Dissonanzen mit einem RWW-Spieler zum Abbruch führten, vor dem Sportgericht missfiel den Wilhelmsburgern: „Zunächst einmal hat er seinen Hund mitgebracht, wo ich mich frage, ob das sein muss – und dann ist er nach der Verhandlung mit einem fetten Grinsen weggegangen“, ärgerte sich Mahncke. Weil es offensichtlich nicht zu beweisen war, dass der Wilhelmsburger Spieler den Schiedsrichter-Assistenten wirklich schlug, wurde er „nur“ für sechs Pflichtspiele gesperrt. „Für die Tätlichkeit an einem Schiedsrichter hätte es mindestens eine halbjährige Sperre geben müssen“, so Mahncke, der den besagten Akteur in den letzten drei Partien bereits pausieren ließ. „Das wird nun aber leider nicht auf die vom Sportgericht verhängte Strafe angerechnet, weil wir diese vereinsinterne Sperre vorher beim HFV hätten anmelden müssen – aber das wussten wir nicht, weil wir uns normalerweise nicht mit solchen Themen beschäftigen“, sagte Mahncke, der sich wunderte: „Eigentlich hätte es ja, wenn beim Strafmaß für den Spieler nicht von einer Tätlichkeit ausgegangen wird, auch eine Neuansetzung der Partie geben müssen, zu der ja sogar die Harburger bereit gewesen wären. Aber vor dem Sportgericht bewahrheitete sich der Satz, dass eine Krähe der anderen kein Auge aushackt, wieder einmal ...“

Die RWW-Verantwortlichen werden jedoch gegen das Sportgerichts-Urteil nicht in Berufung gehen, um vor dem HFV-Verbandsgericht ein Wiederholungsspiel zu erstreiten: „Wenn wir jetzt extrem gegen den Abstieg oder noch um den Aufstieg mitspielen würden und auf die drei Punkte dringend angewiesen wären, würden wir wohl Protest einlegen – aber ich sehe kaum Chancen, dass es vor dem Verbandsgericht anders laufen würde. Die besagten Personen würden sie wohl auch bei der nächsthöheren Instanz wie die Aale aus der Verantwortung winden – und so bleibt eben der fade Beigeschmack, dass dieses Urteil nichts Halbes und nichts Ganzes ist“, sagte Mahnke, dessen Team aktuell als Tabellen-Neunter mit 22 Punkten jenseits von gut und böse dasteht. Deshalb sparen die Wilhelmsburger lieber die zu zahlende Protestgebühr: „Wir müssen ja so schon eine hohe Geldstrafe zahlen, wobei man sich dann fragt, was der Verein sich eigentlich zu Schulden kommen ließ“, so Mahncke. Immerhin sportlich hatte der Coach am Sonntag Grund zur Freude, denn es gab einen 1:0-Sieg beim FC Zaza (Tor: Keven Evim). „Das war eine gute Reaktion meiner Mannschaft, die sich mit diesem Sieg die drei Punkte, die wir durch die ungerechtfertigte 0:3-Niederlage vor dem Sportgericht verloren haben, wiedergeholt hat“, sagte Mahncke abschließend.

(JSp)

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