
Am Donnerstagabend hatte der Vorstand des FC Elmshorn den Spielern seiner bisherigen Liga-Mannschaft erklärt, dass die Ersten Herren aus der Oberliga Hamburg zurückgezogen werden (SportNord berichtete, siehe unten stehenden Link). Michael Homburg, der im Juni 2014 das Präsidentenamt von Helge Melzer, der dem FCE zuvor viereinhalb Jahre lang vorgestanden hatte, übernommen hatte, nahm sich am Freitag wie versprochen Zeit für ein Interview mit SportNord ...
SportNord: Was war ausschlaggebend für die Entscheidung, die Erste Mannschaft des FC Elmshorn aus der Oberliga Hamburg zurückzuziehen?
Michael Homburg „Das ist relativ einfach zu erklären: Wir haben schlicht und ergreifend nicht das Geld, um weiterhin einen Kader in der Größenordnung, wie wir ihn bisher hatten, zu bezahlen. Und es geht nicht, dass wir weiterhin Schulden machen. Die Alternative zur Abmeldung unserer bisherigen Liga-Mannschaft wäre es gewesen, sich weiter zu verschulden und dann den Gang vor das Insolvenzgericht anzutreten. Und wenn man vor dieser Wahl steht, habe ich eine klare Meinung: Keine Mannschaft der Welt ist es wert, dass sich ein Verein verschuldet und ins Unglück stürzt!“
SportNord: In einigen Medien war davon die Rede, dass der Rückzug aus der Oberliga gleichbedeutend mit dem Ende des FC Elmshorn sei. Ist das richtig?
Homburg „“Nein, das ist Quatsch und typischer Boulevardjournalismus. Der aktuelle Rückzug ist das Ende des FCE in der Oberliga – für diesen Moment. Wir hoffen natürlich, dass wir langfristig gesehen irgendwann einmal wieder in die höchste Hamburger Spielklasse kommen können. Vielleicht nicht morgen, aber übermorgen. Das Ende des Vereins hätte höchstens gedroht, wenn wir jetzt nicht die Reißleine gezogen hätten.“
SportNord: Sie haben das Präsidentenamt Ende Juni 2014 übernommen. Wann ist Ihnen klar geworden, dass es so schlimm um Ihren Verein steht?
Homburg „Das war Ende des dritten Quartals und Anfang des vierten Quartals, als wir die Dinge aufgearbeitet haben. Dass beim FCE nicht alles rosig ist, war uns bewusst – aber dass die finanzielle Situation so besorgniserregend ist, hätten wir nicht für möglich gehalten.“
SportNord: Wieso haben Sie erst jetzt das Oberliga-Aus des FCE verkündet?
Homburg „In der Tat sind von dem Zeitpunkt, an dem mir klar geworden ist, dass es sehr schwer werden würde, weiterhin eine Oberliga-Mannschaft zu finanzieren, und dem Rückzug ungefähr acht Wochen vergangen. In dieser Zeit musste ich leider einige Menschen im Umfeld der Ersten Herren-Mannschaft im Unklaren lassen – vor allem bei unserem Trainer Florian Gossow hat mir dies sehr leid getan. Und Gossow hat bis zuletzt versucht, unser Team zu verstärken, um im Frühjahr den Klassenerhalt schaffen zu können ...“
SportNord: ... weshalb haben Sie intern, speziell mit Gossow, nicht Klartext gesprochen, sondern der Mannschaft erst am Donnerstagabend Ihre Entscheidung vom Rückzug verkündet?
Homburg „Wir haben bis zuletzt gehofft und versucht, neue Sponsoren für unseren Verein zu gewinnen. Irgendwann war aber klar, dass die potentiellen Geldgeber nicht zur Verfügung stehen würden. Und ich kann es auch niemandem vorwerfen, dass er den FCE in der aktuellen Situation nicht unterstützen will. Natürlich tut es mir gegenüber Gossow und auch gegenüber den Spielern, denen aus sportlicher Sicht nichts vorzuwerfen ist, leid. Und gerade für Jeton Arifi, der bei mir zuhause war und uns für die Restrunde verstärken wollte, ist das jetzt eine bescheidene Situation.“
SportNord: Wird jetzt im Frühjahr das Hauptaugenmerk darauf gelegt, dass die bisherige Zweite Mannschaft den Klassenerhalt in der Landesliga Hammonia schafft?
Homburg „So ist es: Unsere ganze Konzentration ist jetzt darauf gerichtet, dass die Zweite Mannschaft, die weiterhin von Dennis Gersdorf trainiert wird, die Landesliga hält. Und auf diesem Team, das in den letzten Jahren sehr erfolgreich war, wollen wir dann in der kommenden Saison aufbauen.“
SportNord: Haben Sie die Hoffnung, dass einige der bisherigen Liga-Spieler dem FCE treu bleiben und im Frühjahr in der Landesliga mitspielen werden?
Homburg „Ja absolut, da habe ich sogar sehr große Hoffnungen – und das habe ich der Mannschaft gestern auch so gesagt. Wir hoffen, dass gerade die jungen Spieler, die aus Elmshorn und der Umgebung kommen, bei uns bleiben. Wir sind in unserer Stadt noch immer die Nummer eins – und das sage ich wohlgemerkt ohne jede Schadenfreude über die derzeitigen Schwierigkeiten unserer Nachbarvereine.“
SportNord: Blickt man auf die Bezirksliga-Tabelle, verstärkt sich der Eindruck, dass der Fußball in der Krückaustadt am Boden liegt ...?
Homburg „Da haben Sie Recht. Dass die SV Lieth und der TSV Sparrieshoop aktuell darum kämpfen müssen, nicht in die Kreisliga abzusteigen, ist natürlich keine schöne Entwicklung. Ich würde mich sehr darüber freuen, wenn wir in absehbarer Zeit wieder zu Punktspiel-Derbys gegen einen Verein oder sogar mehrere Vereine aus unserer Stadt antreten könnten – und das natürlich nicht in der Bezirksliga, sondern in der Landesliga ...“
SportNord: Wirkt sich der Rückzug der Ersten Herren negativ auf die Jugendabteilung des FCE aus?
Homburg „Es ist schön, dass Sie danach fragen – denn in den letzten Tagen habe ich oftmals das Gefühl gehabt, dass vielen unsere Jugend-Teams komplett egal sind. Fakt ist: Mit unserer Jugend wird es genauso weitergehen wie bisher. Mit unserer B-Jugend wollen wir den Aufstieg in die Landesliga in Angriff nehmen und bei den C-Junioren haben wir sogar noch eine weitere Mannschaft dazubekommen. Bei den Mini-Kickern sieht die Welt sowieso rosarot aus ... Aber nicht nur wir beim FCE, sondern alle Vereine in Elmshorn haben aktuell das Problem, dass es kein einziges A-Jugend-Team gibt. Da müssen die Klubs in Elmshorn wieder besser miteinander arbeiten, um diese Lücke schließen zu können.“
SportNord: Der Image-Schaden für Ihren Verein dürfte dennoch beträchtlich sein – in der Kreisklasse sind Rückzüge an der Tagesordnung, in der fünfthöchsten Liga Deutschlands nicht ...
Homburg „... das ist mir bewusst, aber es gab keine Alternative zu diesem Rückzug. Für unser Problem gab es leider keine gute Lösungsmöglichkeit, sondern nur eine weniger schlechte. Im Leben muss man manchmal Entscheidungen fällen, obwohl man sie gar nicht selbst in der Hand hat – und so war es auch bei unserer Entscheidung über die Abmeldung aus der Obrliga.“
Interview: Johannes Speckner