
In der Spielordnung des Hamburger Fußball-Verbandes heißt es unter Paragraph 8 „Unverschuldeter Spielabbruch“ wörtlich: „Brechen Schiedsrichter ein Spiel ab, ohne dass ein Verschulden einer beteiligten Mannschaft vorliegt, so wird das Spiel neu angesetzt, es sei denn, dass die Spielwertung zum Zeitpunkt des Spielabbruchs mit hoher Wahrscheinlichkeit feststand.“
Zugegeben, die Formulierung „mit hoher Wahrscheinlichkeit feststehend“ lässt Platz für einen Interpretationsspielraum. Aber wer sich im Fußball auskennt, sollte zu dem Schluss kommen, dass bei einem Spielstand von 0:15 und einer verbleibenden Restspielzeit von 15 Minuten zuzüglich Nachspielzeit der Sieger feststeht, zumal wenn die zurückliegende Mannschaft mit zehn Akteuren auskommen muss. Umso überraschender ist es, dass der HFV das Erstrunden-Duell des Holsten-Pokals zwischen dem FSV Geesthacht 07 II (Kreisklasse 3) und dem SC Wentorf II (Kreisliga 3), das am Sonntag beim Stand von 0:15 in der 74. Minute auf Anordnung der Polizei wegen einer Rettungshubschrauber-Landung abgebrochen worden war, am Mittwochnachmittag neu ansetzte. Am kommenden Dienstag, 19. August, soll ab 19 Uhr an der Berliner Straße der Ball rollen.
„Damit hatten wir nicht gerechnet – und aufgrund des Passus mit der nach hoher Wahrscheinlichkeit feststehenden Spielwertung ist das eine sehr fragwürdige Entscheidung“, erklärte SCW-Coach Alexandros Schellhorn gegenüber SportNord. Richie Manuel Mayer, Spielertrainer der FSV-Reserve, gab zu: „Wir waren auch etwas überrascht, weil wir bei der geringen Restspielzeit und einem Spielstand von 0:15 wie alle Beteiligten fest davon ausgegangen sind, dass die Partie so gewertet wird.“ Auf die Frage von SportNord, ob seine Geesthachter überhaupt noch einmal gegen den klassenhöheren Gegner spielen, oder die Partie lieber als erledigt abhaken würden, entgegnete der 24-Jährige: „Wir würden ungern noch einmal spielen. Am liebsten hätten wir es so, dass es einfach so stehen bleibt, wie es war, aber niemand dafür Konsequenzen tragen muss.“
Was Mayer damit meint: Wenn sein Team „zum Wiederholungsspiel nicht antreten, dafür aber eine Geldstrafe oder eine Strafe in einer anderen Form bekommen würde“, so der Coach, der betonte: „Zur Not spielen wir dann eben noch einmal gegeneinander, damit es keine Strafen gibt.“ Mayer nannte es „ziemlich fern von der Realität, dieses Spiel zu wiederholen, da es schon lange entschieden war – wir hätten in der Schlussphase definitiv nicht mehr ausgleichen können.“ Sollte das Wiederholungsspiel tatsächlich stattfinden, so hat Mayer „die Hoffnung, dass wir dann wenigstens vollzählig sind, mehrere Auswechselspieler haben und den Zuschauern ein einigermaßen anschauliches Spiel bieten können“.
Ob wirklich der Ball rollt, bleibt abzuwarten, denn die Wentorfer könnten gegen die Neuansetzung Protest einlegen. „Wir besprechen das intern“, sagte Schellhorn. Sollten die SCW-Verantwortlichen sich für einen Protest entscheiden, bekämen sie bei einer Verhandlung möglicherweise die Gelegenheit, dem Spielausschuss dessen eigene Spielordnung zu erklären – so, wie es etwa der Hamm United FC schon im Juni 2022 in Bezug auf die Auf- und Abstiegsregelung zwischen der Oberliga Hamburg sowie der Landesliga getan hatte.
(Johannes Speckner)