
Kurios war es schon, als Schiedsrichterin Jacqueline Herrmann (vom TuS Osdorf), deren Leistung übrigens von einem Schiedsrichter-Beobachter in Augenschein genommen wurde, nach einem Foul, das direkt vor ihren Augen stattfand, nicht mehr wusste, welchem Spieler sie die Gelbe Karte zeigen sollte. „Ansonsten hat sie aber eine gute Leistung gezeigt“, sagte Stefan Dösselmann, Coach des FC Union Tornesch, der nur mit der seiner Meinung nach „extrem langen Nachspielzeit“ nicht einverstanden war. Nach Dösselmanns Uhr lief bereits die 95. Minute, als es noch einmal einen Eckstoß für den SC Victoria Hamburg II gab, der den 3:3-Ausgleich nach sich zog, ehe der Abpfiff erfolgte. Die Schiedsrichterin traf allerdings keine Schuld daran, dass die Tornescher gleich drei Gegentreffer nach Eckstößen kassierten. „Da müssen wir uns an die eigene Nase fassen“, betonte Dösselmann.
Zunächst sahen die Zuschauer im „Torneum“ eine laut Dösselmann „überragende erste Halbzeit“ der Union-Spieler. Bereits nach einer guten Viertelstunde gelang der Führungstreffer, wobei die Tornescher davon profitierten, dass das Spielgerät nach einem Ballverlust der Gäste vor ihre Füße sprang. So war es Jannek Laut, der an SCV-Keeper Tim Wiegand vorbei zum 1:0 einschoss. Während die Hamburger in der ersten Halbzeit in der Offensive komplett harmlos blieben und auch einen Fehlpass von FCU-Verteidiger Jannik Swennosen nicht bestraften (26.), spielte die Heim-Elf immer wieder zielstrebig nach vorne. Nach einem Eckstoß jagte Till Mosler einen abprallenden Ball noch über die Latte (24.), doch sieben Minuten später hatte er Grund zum Jubeln: Einen Fehlpass der Gäste leitete Laut von links weiter in die Mitte zu Mosler, der sich stark gegen mehrere SCV-Verteidiger behauptete und den Ball dann zum 0:2 links ins Netz lupfte (31.).
Nur vier Minuten später kam es noch besser für die Tornescher: Einen Steilpass, den Mosler aus der eigenen Spielfeldhälfte geschlagen hatte, nahm Torben Mohr auf, zog rechts am herausstürzenden Wiegand vorbei und schoss aus spitzem Winkel zum 3:0 ein. Sogar eine noch höhere Pausen-Führung für die Hausherren wäre möglich gewesen, doch Martin Schwabe jagte einen Ball knapp über die Latte (37.) und ein Schuss von Maik Stahnke geriet zu lasch, weshalb er Wiegand vor keine Probleme stellte (43.). Dass die Partie noch einmal kippen könnte, hätte zu diesem Zeitpunkt kaum jemand für möglich gehalten. „Wir wollen das vierte Tor nachlegen“, gab Dösselmann als Marschroute für den zweiten Durchgang aus. In diesem ließen sich die Tornescher dann aber zweimal nach einem Eckstoß übertölpeln: Angelo Diekmann (51.) und Daniel Tramm (61.) verkürzten für die Gäste aus Hamburg-Eimsbüttel zum 3:2. „Leider ist es uns nicht gelungen, an die dominante erste Halbzeit anzuknüpfen ‒ dennoch gab es genügend Konterchancen, bei denen wir das 4:2 hätten nachlegen können“, berichtete Dösselmann.
Die beste Union-Chance vergab der nach seiner Verletzungspause erstmals wieder eingewechselte Tobias Brandt, der es nach einem uneigennützigen Querpass von Mohr an Wiegand vorbei nicht schaffte, das leere Tor zu treffen, sondern den Ball neben den Pfosten schob (74.). Dies rächte sich, denn in der laut Dösselmann „95. Minute“ glich David Eybächer nach einem weiteren Eckstoß zum 3:3-Endstand aus. „Wir sind zu blöd“, so Dösselmann, der Klartext sprach: „Auch, wenn wir zahlreiche angeschlagene Spieler im Kader haben, hätten wir diese klare Führung irgendwie nachhause bringen müssen.“ Bei den drei Gegentreffern nach ruhenden Bällen habe seinen Schützlingen „die nötige Spannung und die körperliche Nähe zum Gegenspieler gefehlt“, tadelte der Trainer und stellte fest: „In der 95. Minute bei einem Eckstoß des Gegners mit Raumdeckung zu agieren, ist fatal.“ Für die Victoria-Reserve war es in der Fremde das zweite Remis in Folge ‒ nach einem 1:1 beim HEBC.