
In der Saison 2010/2011 waren die Sportfreunde Uetersen schon in der Winterpause abgeschlagenes Schlusslicht. Sie meldeten sich aber nicht vom Spielbetrieb ab, sondern brachten die Saison zwar sieglos, aber mit Anstand über die Bühne, was vor allem ein Verdienst von Ayhan Ayikli war, der im Februar 2011 zum neuen Sportfreunde-Präsidenten gewählt worden war. Nun peilen die Rosenstädter in der Kreisklasse 8 den sofortigen Wiederaufstieg in die Kreisliga an – und ließen am Sonntag im Rahmen des fünften Spieltages mit einer ganz besonderen Geste der Fairness aufhorchen! Im Derby beim Moorreger SV II lief die 43. Minute: Die Sportfreunde hatten über links angegriffen und Ersin Tekgöz hatte den Ball im Straucheln noch zum 0:4 über die Linie gedrückt. Die Moorreger beschwerten sich daraufhin vehement, weil schon zuvor ein MSV-Spieler verletzt am Boden lag: „Wir haben nicht weiter gespielt und dachten, ihr schießt den Ball ins Aus“, riefen sie den Uetersenern zu.
Sportfreunde-Spielertrainer Bülent Ersahin versicherte: „Wir hatten nicht mitbekommen, dass sich ein Moorreger verletzt hatte, und die Rufe hatten wir leider auch wirklich nicht gehört!“ Den Wunsch der Uetersener, das Tor nicht anzuerkennen, musste Schiedsrichter Andre Engelbert Schuller (vom SC Ellerau) ablehnen: „Das wäre nicht regelkonform!“ Nach dem folgenden Anstoß geschah dann aber etwas sehr Bemerkenswertes: Die Moorreger spielten ihrem Gegner den Ball zu und Sportfreunde-Akteur Fahrettin Ede schoss ihn ins eigene Tor! „Das war schon seit zweites Eigentor in dieser Saison“, lachte Ersahin und fügte, wieder ernst, hinzu: „Wir wollten, dass der alte Drei-Tore-Abstand wieder Bestand hat – denn wir möchten nur mit fairen Mitteln gewinnen!“ Dirk Kaiser, Coach der Ersten Moorreger Mannschaft, der unter den 80 Zuschauern weilte, lobte: „Das war eine beachtliche Fair-Play-Geste!“ Ayikli betonte am Montag auf dem Jahresempfang des Hamburger Fußball-Verbandes auf Nachfrage von SportNord: „Uns ist Fairness überaus wichtig und ich finde es sehr gut, dass unsere Mannschaft das auch so vorlebt!“ Ayikli selbst war am Sonntag nicht beim Spiel seiner Sportfreunde dabei: Der Arzt für Allgemeinmedizin lief in Bemerhaven beim Marathon mit.
Am Moorreger Himmelsbarg hatten Salih Cetinkaya (3.) und Tekgöz (7.) die Gäste früh mit 2:0 in Führung gebracht. Nachdem die MSV-Reserve zunächst versucht hatte, mitzuspielen, stand sie nach dem schnellen 0:2-Rückstand massiv mit zehn Feldspielern in der eigenen Abwehr. „Dadurch wurde es für uns noch schwerer, Tore zu erzielen“, stellte Ersahin fest. Nach dem 0:3 von Tekgöz (43.) spielten sich die anfangs beschriebenen Szenen ab. Nach Edes Eigentor erhöhte Cetinkaya unmittelbar vor der Pause auf 1:5 (45.). Firat Sari (60., 62.), Tekgöz (65.), Mustafa Bucuka (67.), Sari (69.), Serkan Karaman (74.), Cetinkaya (80.) und Islam Albostan (82.) schossen den Titel-Favoriten noch zu einem 13:1-Kantersieg beim Neuling, dem am Ende immer mehr die Kräfte ausgingen. Weitere Sportfreunde-Treffer verhinderte Hendrik Hohmann: Eigentlich Feldspieler, hütete er aushilfsweise das Tor der MSV-Reserve, die wieder einmal unter enormer Personalknappheit litt. In der 63. Minute wehrte Hohmann sogar einen Foulelfmeter ab; dass diesen mit Max Bolte der Keeper der Sportfreunde geschossen hatte, wollte Ersahin „keinesfalls als Arroganz“ verstanden wissen, sondern erklärte: „Bolte hatte über 90 Minuten nichts zu tun, nur deshalb sollte er schießen!“
(JSp)