
Um 20 Uhr wurde der ohnehin vom Flutlicht nur spärlich erhellte, kleine Kunstrasenplatz an der Feldstraße auch noch von künstlichem Nebel überzogen: Entstanden war dieser durch Anhänger des FC St. Pauli, die (außerhalb des Sportgeländes!) Pyrotechnik gezündet und damit das Regionalliga-Spiel ihrer Ersten Frauen gegen den SV Henstedt-Ulzburg (Endstand 3:5) eingeläutet hatten. Als sich der Rauch längst wieder verzogen hatte, gab es um 21.34 Uhr ein überraschendes Endergebnis: Der SC Hansa 11, der seine vorherigen zehn Saisonspiele in der Bezirksliga West allesamt gewonnen hatte, musste sich gegen den Neuling Heidgrabener SV mit einem 2:2-Unentschieden begnügen. „Wir haben nicht gut gespielt, allerdings auch einen starken Gegner gehabt“, urteilte Hansa-Trainer Holger Bichel nach dem ersten Punktverlust in dieser Serie. Dagegen stellte HSV-Coach Ove Hinrichsen fest: „Wir sind unbekümmert an die Partie herangegangen und können stolz auf das Ergebnis sein ‒ allerdings wäre für uns sogar noch mehr möglich gewesen.“
Auf dem Kunstrasenplatz an der Feldstraße beschränkte sich der „kleine HSV“ keinesfalls auf das Verteidigen: „Wir haben uns nicht hinten verbarrikadiert, sondern mutig agiert und immer wieder Nadelstiche gesetzt“, sagte Hinrichsen. Dabei kam es den Heidgrabenern entgegen, dass der Platz im Schatten des Millerntor-Stadions sehr schmal ist: „Dadurch konnten wir die Hansa-Spieler immer wieder anlaufen und attackieren“, erklärte Hinrichsen. So hatte die Heim-Elf zwar ein klares Plus an Ballbesitz, doch sie agierte ebenso wie die Gäste vornehmlich mit langen Pässen. Die Heidgrabener schnupperten erstmals am Führungstor, als Philippe Schümann es von rechts aus mit einem Heber versuchte, der auf das Lattenkreuz sprang. In der 35. Minute war es dann tatsächlich soweit und die Gäste gingen in Front: Dennis Lebedinski passte den Ball nach links zu Philippe Schümann, dessen erster Versuch von der Hansa-Abwehr abgeblockt wurde. Der Abpraller sprang aber wieder vor die Füße von Philippe Schümann, der dann aus 17 Metern satt abzog, woraufhin der Ball zum 1:0 im kurzen Eck zappelte.
Allerdings kamen die Hausherren noch vor der Pause zum Ausgleich: Nachdem sich Hansas Florian Kuhnert rechts durchgesetzt und eine Flanke angetäuscht hatte, schlug er den Ball im zweiten Anlauf sauber in die Mitte, wo Burhan Morkoyun aus sieben Metern freistehend zum 1:1 einköpfte (43.) – für HSV-Keeper Krystof Barth, der zuvor zahlreiche hohe Bälle sicher weggefangen hatte, gab es in dieser Situation nichts zu halten. Nach dem Seitenwechsel wogte die Partie hin und her. Björn Spriestersbach vergab eine gute Chance zur erneuten HSV-Führung, als sein Schuss zu mittig kam und von Hansa-Torwart Victor-Daniel Medina-Burgos pariert wurde (48.). Darauf folgte wieder ein spielerisches Übergewicht von Hansa 11, das aber „keine Lösungen fand“, wie Hinrichsen es ausdrückte. In der 74. Minute stellte der Außenseiter seinen Vorsprung dann wieder her: Erneut kam Philippe Schümann halblinks an den Ball, lief ein paar Schritte in die Mitte und ließ das Spielgerät noch einmal aufspringen, ehe er es aus 22 Metern brachial in die lange Ecke jagte, wo es vom Innenpfosten in das Netz sprang (74.).
Barth verhinderte mit einer guten Parade den postwendenden Ausgleich (75.), ehe die Gäste in der Abwehr „sehr sicher standen“, so Hinrichsen. In der 84. Minute sprach Schiedsrichter Niclaas Rother (vom TuS Hamburg), der laut Hinrichsen „über 90 Minuten sehr gut pfiff“, dem Tabellenführer aber einen Handelfmeter zu: Vier Hereingaben der Heim-Elf klärten die Heidgrabener, ehe der Referee plötzlich pfiff und auf den ominösen Punkt zeigte. „Ich habe gesehen, dass ein grüner Arm zum Ball ging“, erklärte Rother diese Entscheidung nach dem Abpfiff. Kurios war, dass er den „Täter“ nicht benennen konnte. „Und als ich in der Kabine nachgefragt habe, hat auch keiner unserer Spieler gesagt, dass er den Ball mit der Hand gespielt hat“, sagte Hinrichsen. Dagegen erklärte Bichel, er selbst habe die Szene zwar nicht gesehen, aber von mehreren Zuschauern gehört, dass es „ein klarer Elfmeter war“. Fakt ist: Ezequiel Bautista Barbera verwandelte den Strafstoß zum 2:2 und geriet, als er den Ball aus dem Tornetz holte, mit mehreren Heidgrabenern aneinander. Dies sah Schiedsrichter-Assistent Seedney Barrow (TuS Hamburg) und meldete es Rother, weshalb der Torschütze die Gelb-Rote Karte bekam.
Am Ergebnis änderte sich in der Schlussphase nichts mehr und Hinrichsen urteilte: „Wir nehmen den Punkt, mit dem im Vorfeld niemand gerechnet hatte, gerne mit – aber meiner Meinung nach wäre sogar ein Sieg verdient gewesen.“ Bichel befand, dass zwar „alle Spieler bemüht gewesen“ seien, aber am Freitagabend „keine Bestform erreicht hätten“. Und weil der Rang-Zweite SV Lurup am Sonntag bei Blau-Weiß 96 Schenefeld mit 0:2 verlor, baute das Hansa-Team seinen Vorsprung an der Tabellenspitze sogar auf sieben Punkte aus. Darüber wiederum war Bichel gar nicht glücklich, wie er zugab: „Damit der Druck für uns hoch bleibt, ist es wichtig, dass wir den Atem unserer Verfolger spüren können“, erklärte der Erfolgscoach abschließend.