
„Ich wäre durchgedreht“, sagte Stefan Meyer, Trainer des KS Polonia II, als er vom Schicksal des Staffel-Rivalen FC St. Pauli VIII erfuhr. Die Achte Mannschaft der Kiez-Kicker fuhr am vergangenen Sonntag in aller Frühe zum Auswärtsspiel bei Eintracht Fuhlsbüttel, doch das Eingangstor der Justizvollzugsanstalt Fuhlsbüttel blieb für sie verschlossen. „Aus sicherheitspersonaltechnischen Gründen“ fiel das Spiel aus, wie die St. Paulianer um kurz nach 8 Uhr erfuhren und anschließend auch auf ihrer facebook-Seite veröffentlichten. Der Umstand, nicht gegen die Mannschaften der Gefängnisinsassen antreten zu dürfen, eint die St. Paulianer mit der Polonia-Reserve: Deren Gastspiel bei der Eintracht war am 21. August ebenfalls ausgefallen ‒ mit dem Unterschied, dass dem polnischen Klub die Absage rechtzeitig, nämlich bereits vier (!) Tage vor dem geplanten Anstoß, übermittelt worden war (SportNord berichtete, siehe unten stehenden Link).
„Damals war in diversen Zeitungen zu lesen, dass es Sicherheitsprobleme im Gefängnis geben solle, möglicherweise gar eine Revolte geplant sei“, erinnert sich Gaby Meyer, die als Mutter von Stefan Meyer und enge Wegbegleiterin der Polonia-Reserve „fest davon ausging, dass die Partie mit 3:0 für uns gewertet wird“. Ähnlich war die Sichtweise der Achten Mannschaft von St. Pauli, die nach dem Ausfall vom Sonntag wegen Nichtantretens ihres Gegners im maßgeblichen DFB-Net sogar zunächst zum kampflosen 3:0-Sieger erklärt wurde. Doch nun setzte der Hamburger Fußball-Verband beide abgesagten Partien der Fuhlsbütteler neu an: Die Begegnung des vierten Spieltages gegen Polonia II soll am Sonntag, 18. Dezember um 9 Uhr nachgeholt werden. Und das Duell des siebten Spieltages gegen St. Pauli VIII ist für Sonntag, 12. Februar 2017 ebenfalls um 9 Uhr vorgesehen. Keine Frage: Es gibt Schöneres, als sechs Tage vor Heiligabend beziehungsweise nach einem verfrühten Ende der Winterpause sonntags um 9 Uhr auf einem harten Grandplatz kicken zu müssen ‒ andere Anstoßzeiten sind auf dem Gefängnis-Sportplatz am Hasenberge aber nicht zugelassen, weshalb ein Nachholtermin beispielsweise an einem Wochentag abends nicht infrage kam.
Gaby Meyer findet es sowieso „unverständlich“, dass die beiden Spiele nachgeholt werden: „Die Austragung dieser Begegnungen ist ja in beiden Fällen definitiv nicht an der Gast-Mannschaft gescheitert: Wir wären am 21. August angetreten, und die Achte Mannschaft von St. Pauli war am vergangenen Sonntag ja sogar schon in Fuhlsbüttel vor Ort“, echauffierte sie sich. Ein Anruf bei Torsten Picker, der beim HFV für die Spielansetzung ist, brachte für Gaby Meyer wenig Erhellendes: „Auf meine Frage, was denn wäre, wenn alle Vereine der B-Kreisklasse 6 sich zusammentun und Unterschriften sammeln würden, dass sie nicht mehr gegen die Eintracht antreten wollen, entgegnete Herr Picker trocken, dass die Fuhlsbütteler ,dann wohl Meister werden würden'“, berichtete Gaby Meyer. Ihre bisherigen beiden Saisonspiele, die ausgetragen wurden, gewannen die Gefängnis-Mannschaft (9:0 gegen den SC Teutonia 10 V sowie 5:3 gegen UH-Adler IV) und weist damit als einziges Team der Staffel neben dem ambitionierten Neuling Rasensport Uetersen (sechs Siege) noch eine weiße Weste auf. Die Eintracht ist, da sie nur Heimspiele bestreitet, allerdings nicht aufstiegsberechtigt.
Bleibt im Sinne der sportlichen Fairness zu hoffen, dass die kommenden Partien mit Beteiligung der Fuhlsbütteler, die am kommenden Wochenende spielfrei haben, ehe sie laut Spielplan am Sonntag, 25. September um 9 Uhr den USC Paloma V empfangen sollen, alle wie vorgesehen stattfinden können. Allzu viele freie Nachholtermine an einem Sonntag stehen nämlich bis zum vorgesehen Saisonende am Sonntag, 21. Mai 2017 nicht mehr zur Verfügung ...