Aktuell: TuS Osdorf verzichtet auf Landesliga-Platz

Bennet Krause wird die Liga-Mannschaft des TuS Osdorf in der kommenden Saison dort trainieren, wo er vom Sommer 2021 bis zum Herbst 2022 bereits mit der Reserve am Ball war: In der Bezirksliga.
(Foto-Credit: Johannes Speckner)

Vier Jahre, nämlich von 2012 bis 2016, benötigte der TuS Osdorf, um aus der Bezirksliga in die Oberliga Hamburg zu kommen: Nach zwei fünften Plätzen in der Landesliga (2013 und 2014) sowie der Vizemeisterschaft 2015 gelang im Mai 2016 als Hammonia-Staffel-Meister der Sprung in Hamburgs höchste Klasse. Der Weg zurück wird deutlich schneller vonstattengehen. Genau genommen werden rund zwölf Wochen zwischen der letzten Oberliga-Partie, die am 5. Mai gegen TuRa Harksheide mit 4:2 gewonnen worden war, und dem ersten Bezirksliga-Spiel der Saison 2023/2024 der Osdorfer Liga-Mannschaft liegen.

Ja, sie haben richtig gelesen, liebe Leser. Denn die TuS-Verantwortlichen verzichten auf den Landesliga-Platz, der ihnen nach dem Oberliga-Abstieg zustehen würde, und lassen ihre erste Mannschaft stattdessen in der Bezirksliga antreten. Den dortigen Platz „erbt“ sie von den bisherigen zweiten Herren, die in der kommenden Spielzeit nicht mehr existieren werden. Zu diesem drastischen Schritt entschied sich laut Steffen Kretschmer, dem bisherigen Betreuer der zweiten Herren und der Alten Herren, der TuS-Vorstand, nachdem ihm von Chefcoach Bennet Krause (35) sowie dessen Cousin und Co-Trainer Torben Krause (34) signalisiert worden war, dass sie sich nicht dazu imstande sehen würden, für die kommende Serie eine Mannschaft mit Landesliga-Tauglichkeit auf die Beine zu stellen.

Zuvor sollen zahlreiche Spieler des bisherigen Liga-Kaders ihre ursprünglich gegebene Zusage, über das Saisonende hinaus am Blomkamp zu bleiben, zurückzogen haben. Einige dieser Akteure wechseln zum ambitionierten Nachbarn FTSV Komet Blankenese, mit dem es, je nach Staffel-Einteilung des Hamburger Fußball-Verbandes, in der kommenden Saison in der Bezirksliga West ein Wiedersehen geben könnte. Volker Tausend, Fußball-Abteilungsleiter von Komet, bestätigte gegenüber SportNord, „dass mehrere bisherige Osdorfer kommen“, ohne Namen zu nennen: „Erst müssen wir noch die Wechsel-Modalitäten klären.“ Weiteren Akteuren, die in anderen Ecken der Stadt ihren Lebensmittelpunkt haben, war der Weg in den Westen Hamburgs zu weit dafür, dass sie dort nicht mehr in der Oberliga, sondern „nur“ noch in der Landesliga kicken können.

Weil ein freiwilliger Abstieg um zwei Spielklassen den HFV-Statuten nach nicht möglich ist – alternativ wäre dann nur ein Neustart ganz unten in der B-Kreisklasse gewesen –, kommt es den Osdorfer Offiziellen zugute, dass ihre Liga-Mannschaft den Platz der bisherigen Zweitvertretung „erben“ darf. Vielleicht auch schon mit diesem Gedanken im Hinterkopf, soll es vor vier Wochen von der Vereinsführung eine klare Ansage an die zweite Mannschaft, die sich damals in der Bezirksliga-West einen Titel-Zweikampf mit TBS Pinneberg lieferte, gegeben haben: „Uns wurde unmissverständlich gesagt, dass wir zwar Meister werden, aber nicht aufsteigen dürfen“, berichtete Kretschmer, der sich beim TuS ursprünglich um die Alten Herren gekümmert, sich seit einem Jahr aber auch für das Reserve-Team engagiert hatte, im Gespräch mit SportNord.

Diese Nachricht, die laut Kretschmer „als faktisches Verbot, Meister zu werden, für uns alle niederschmetternd war“, sei von der Vereinsführung mit dem Zusatz versehen worden, „dass für die kommende Saison nur ein Landesliga-Team gemeldet werden solle“ – und da es für die Meister von der Kreisklasse bis zur Landesliga im HFV-Bereich eine Aufstiegspflicht gibt, die bei Nichterfüllung mit der Strafversetzung in die B-Kreisklasse sanktioniert wird, war der Titelgewinn, für den die TuS-Reserve monatelang hart gearbeitet hatte – im Herbst 2022 noch mit Bennet Krause als Coach –, plötzlich kein lohnenswertes Ziel mehr. Doch der nächste Nackenschlag für Kretschmer und Co. folgte prompt: „In der letzten Woche wurde mir dann plötzlich mitgeteilt, dass es keine zweiten Herren mehr geben wird, weil die erste Mannschaft unseren Bezirksliga-Startplatz einnehmen soll“, so Kretschmer, der haderte: „Somit sind wir nicht nur um den möglichen Titelgewinn gebracht, sondern auch unserer Spielklasse beraubt worden – das ist für viele Spieler sehr, sehr bitter.“

Kretschmer sprach weiter von „einer sehr traurigen Entwicklung“ sowie „einer großen Unruhe im Verein“. All dies warf auch die Planungen, die Kretschmer selbst für die kommende Saison für die zweiten Herren vorgenommen hatte, komplett über den Haufen. Da Marc Eggerstedt (32), der nach Bennet Krauses ‚Beförderung‘ zum Liga-Coach das Traineramt bei den zweiten Herren übernommen hatte, klar signalisiert hatte, dass er nur bis zum Saisonende an der Seiteninie stehen wolle, hatte Kretschmer mit Robin Graupner, der aktuell noch das U18-Oberliga-Team des Nachbarn Groß Flottbeker SV trainiert, bereits einen fähigen Nachfolger verpflichtet. „Wir hatten auch schon Gespräche mit potentiellen externen Neuzugängen geführt – nun musste ich Graupner in der letzten Woche anrufen und absagen, was mir sehr, sehr unangenehm war, zumal Graupner andere Angebote abgelehnt und sich schon auf seine neue Aufgabe gefreut hatte“, berichtete Kretschmer.

Während für Andre Härtel (45), Eggerstedts bisherige rechte Hand, eine Funktion im Trainerteam der zukünftigen Liga-Mannschaft neben Bennet Krause, Torben Krause und Antonio Ude (42) vorgesehen ist, wurde Graupner von der TuS-Führung angeboten, Jugend-Koordinator am Blomkamp zu werden. „Dieses Amt wollte er aber nicht übernehmen, was ich auch gut verstehen kann“, so Kretschmer, bei dem aktuell zahlreiche Kündigungen von Spielern eingehen: „Ich muss jetzt quasi die zweiten Herren abwickeln.“ Benjamin Blume (42) der vor elf Jahren Teil der Osdorfer Bezirksliga-Meistermannschaft und nach dem Ende seiner Karriere auch Reserve-Trainer war, sagte dazu gegenüber Kretschmer: „All das, was wir damals erreicht haben, wird jetzt an die Wand gefahren.“ Kretschmer sprach von „einer bitteren Geschichte“ und verwies zudem noch einmal explizit auf das Schicksal der bisherigen zweiten Herren: „Für sie ging es Schritt für Schritt nach oben, sie hatten zwei starke Bezirksliga-Jahre und wären fast in die Landesliga aufgestiegen – und dann kommt das Aus.“

Sportliche Erfolge eines Vereins sind zumeist eng verbunden mit dem Wirken engagierter, fähiger Verantwortlicher. Am Blomkamp wurde seit 2006, als Trainer Sven Rasmus mit großen Teilen des A-Jugend-Regionalliga-Teams in den Herren-Bereich ging und dort den Aufschwung einleitete (2007 ging es als Kreisklassen_Meister in die Kreisliga und ein Jahr später als Kreisliga-Titelträger in die Bezirksliga), über einen langen Zeitraum nahezu alles richtiggemacht. Zuletzt verlor aber auch der langjährige Manager Cemil Yavas (38) sein glückliches Händchen. Hauptsächlich seinen Differenzen mit Jeremy Wachter (30) soll es geschuldet gewesen sein, dass der Torjäger in der Hinrunde nur noch für die TuS-Reserve auflief und sich im Winter gen Oberliga-Rivale Altona 93 verabschiedete. Ob die Osdorfer Liga-Mannschaft mit Wachter besser in die Serie gestartet, Philipp Obloch (44) und Koray Gümüs (31) Trainer geblieben und das Team die Oberliga gehalten hätte, ist spekulativ, aber nicht auszuschließen.

Die Pläne von Bennet Krause und Co. sehen möglicherweise so aus, dass sie mit ihrem neu zu formierenden Team in der Saison 2023/2024 lieber in der Bezirksliga eine gute Rolle spielen wollen – was dann vielleicht auch wieder mehr Zusschauer als in den letzten, an Niederlagen reichen Oberliga-Monaten an den Blomkamp locken würde –, als in der Landesliga zum zweiten Mal in Folge sportlich abzusteigen. Möglicherweise gehen diese Gedankenspiele auf, eventuell gelingt mittelfristig sogar der Aufstieg in die Landesliga. Allerdings könnte es, wie das Beispiel anderer Vereine zeigt, die sich erst einmal in einem negativen Sog nach unten befanden, auch ganz schnell noch weiter abwärts gehen.

(Johannes Speckner)

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